2004-05-01

--- Der Spiegel macht auch auf China und hat wie die meisten Medien ebenfalls entdeckt, dass das Wachstum im Reich der Mitte seine Schattenseiten hat: Für übertriebenen Optimismus ist es zu früh, denn die Daten verdecken die Kehrseite des Wirtschaftsbooms. Allzu gern frisieren Chinas Funktionäre die Statistiken. Die 53,5 Milliarden Dollar Auslandsinvestitionen beispielsweise, die Peking voriges Jahr ins Land lockte, stammen, so Experten, mindestens zu einem Drittel von inländischen Betrieben - die gründen Scheinfirmen in Hongkong oder der Karibik, um als vermeintliche "internationale Investoren" satte Steuervorteile zu nutzen. Selbst den KP-Führern bereitet der Aufschwung mittlerweile mehr Sorge als Freude. Weil die Kraftwerke den dramatisch steigenden Energiebedarf nicht decken können, fällt in vielen Städten der Strom aus. In Shanghai müssen Fabriken, darunter VW, stundenweise ihre Fließbänder abstellen. Peking droht der Verkehrskollaps. In den vergangenen drei Monaten zog die Konjunktur nochmals an (9,7 Prozent). Kocht sie über, droht eine Implosion - mit Firmenpleiten und Massenentlassungen. "Dieser Augenblick ist äußerst kritisch für unsere Wirtschaft", mahnt Premier Wen, der "in einigen Bereichen eine blindwütige Expansion" ausgemacht hat.

Dazu gibt es noch ein Interview mit dem Historiker Wang Hui, der in den USA das Buch China's New Order veröffentlicht hat und sich sozialkritisch gibt: Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer. In vielen Gegenden wurde den Bauern Land für neue Fabriken, Villenviertel und Golfplätze weggenommen. Mehr als 150 Millionen Menschen wandern durch China, um Arbeit zu suchen. Wenn nichts geschieht, könnte es eine Krise geben. Gesellschaft und Regierung haben jedoch den Ernst der Lage erkannt.

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