2004-11-07

Die China-Berichterstattung schlägt um: Während auf der China-Konferenz der WirtschaftsWoche die Konzernbosse noch bemüht waren, ihre Deals mit dem Land der Mitte als Win-Win-Situation darzustellen, wartet das Manager-Magazin mit deutlich kritischeren Tönen auf und sieht in Chinas Wirtschaftsmachtstreben vor allem eine Gefahr für den Westen: China ist in Managerkreisen "in", und Shanghai - das New York des Ostens - ist "mega-in". Sie speisen dort im noblen Restaurant "M on the Bund", sitzen auf dessen Terrasse und blicken hinüber auf Pudong mit seiner atemberaubenden Postkarten-Skyline. Die Gedanken schweifen mit: Ach, ist es hier schön. Hier herrscht Aufbruchstimmung, hier wächst alles (die Wirtschaft, die Hochhäuser, na ja, auch die Korruption), hier gibt es keine lästigen Gewerkschaften, hier regiert das Geld, hier im kommunistischen China darf man noch Kapitalist sein. China - das größte Wirtschaftswunderland der Welt. ... China - der Retter der Weltwirtschaft. So weit, so gut. Doch es gibt auch das andere Gesicht Chinas jenseits der allgegenwärtigen Euphorie über das ewig boomende Land in Fernost. Und dieses China stellt eine - bislang wenig beachtete - Bedrohung für die Unternehmen, aber auch für die Gesellschaften des Westens dar. "China könnte zu einer Gefahr werden", prophezeit Unternehmensberater Roland Berger.

Der Drache China

greift immer mehr nach unseren Arbeitsplätzen, zuerst in der Produktion, aber nun auch vermehrt in Forschung und Entwicklung (F&E);

schreitet mit großen Schritten auf dem Weg zur Hightech-Nation voran und wird dabei möglicherweise Europa über- und die USA einholen;

züchtet Global Player heran, die auf den Weltmärkten unsere Konkurrenten von morgen sein werden;

schnappt uns mit seinem riesigen Appetit viele Rohstoffe weg und verteuert sie auf ein schwer erträgliches Maß.

Noch lassen sich viele Manager und Medien vom optimistischen Bild des Wirtschaftswunderlandes blenden. Doch Jörg Wuttke, China-Chef von BASF , ist sich sicher: "Das China-Bild wird kippen." Und Wuttke, bis vor kurzem Kammerpräsident in Peking, weiß auch wann: "Wenn China als Schuldiger für die Arbeitslosigkeit in Deutschland entdeckt wird." ... n der IT-Welt hat China längst Anschluss an die internationale Spitze gefunden. Mindestens jeder zweite Drucker, Laptop und PC ist inzwischen made in China. Durch die massenhafte Produktion ist viel Know-how im Land. Die Chinesen wissen nicht nur, wie man einen Computer zusammenbaut, sondern auch, wie man ihn konstruiert. Sie fühlen sich schon so stark, dass sie Standards setzen wollen. Beispiel EVD (Enhanced Versatile Disc). Dies sei die Fortentwicklung von DVD, sagt das 13 Unternehmen umfassende Konsortium Beijing E-World. EVD biete bessere Bilder und einen besseren Ton. Diesen neuen Standard wollen sie deshalb weltweit durchsetzen. ... Ort des etwas konspirativen Treffens ist das deutsche Restaurant "Schindlers Tankstelle" in Peking. Der Gesprächspartner, langjähriger Vertreter eines deutschen Konzerns in China, wird nach einer Flasche Rotwein gesprächig und sehr deutlich. "Was hier abgeht, ist eine der größten Räubereien der Menschheit", sagt er. Das sind starke Worte. Aber der Mann ist seit 25 Jahren im China-Geschäft. Er weiß sehr wohl, wovon er spricht. Er saß mit in den Verhandlungen, als die chinesische Seite immer wieder Know-how von den deutschen Unternehmen, denen er diente, forderte. Nur wenn sie dies lieferten, sollten sie Aufträge bekommen. "Wir hatten keine andere Wahl, wir mussten unser Know-how transferieren", sagt der Gesprächspartner in "Schindlers Tankstelle".

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