2005-12-09

Zeit-Korrespondent Blume ist wieder frei

Aus Spiegel Online:
Der deutsche Journalist Georg Blume, der heute Morgen bei Recherchen in den sogenannten "Krebsdörfern" in der chinesischen Provinz Henan festgenommen worden war, ist wieder frei. Fünf Stunden hatte die Polizei den Pekinger Korrespondenten der Wochenzeitung "Die Zeit" verhört.

Peking - Auf ihrer Internet-Seite teilte die Redaktion der "Zeit" mit, Blume habe sich am Morgen um 9.15 Uhr telefonisch gemeldet. "Machen Sie sich keine Sorgen, ich bin wieder frei", habe Blume gesagt.

"Zeit"-Redakteur Michael Thumann sagte SPIEGEL ONLINE, Georg Blume sei unversehrt und "guter Dinge". Er befinde sich bereits auf dem Rückweg nach Peking. Während des Verhörs sei er "ordentlich" behandelt worden. Die Polizisten hätten ihn intensiv nach dem Inhalt seiner Recherchen befragt. Blume sei im Zuge der Ermittlungen aus der Provinz Henan verwiesen worden und habe eine Erklärung unterschreiben müssen, in der er zugab, sich illegal dort aufgehalten zu haben.

Der Pekinger Korrespondent war am Freitag in der Nähe von "Krebsdörfern" an einem schwer verschmutzten Fluss in Zentralchina von der Polizei festgesetzt worden. Ihm seien "illegale Interviews" vorgeworfen worden, berichtete Blume telefonisch. Er wurde fünf Stunden in einem Hotel der Stadt Shenqiu in der Provinz Henan festgehalten und immer wieder verhört, teilte die Redaktion mit.

Ein Beamter vom Amt für Auswärtige Angelegenheiten der Provinz Henan, der zu den Polizisten gestoßen sei, habe sich um Vermittlung bemüht. Blume musste dem Bericht zufolge eine Erklärung unterschreiben, dass er ohne Genehmigung der Behörden die Provinz Henan besucht habe. Sein Computer sei untersucht worden. Am frühen Freitagnachmittag Pekinger Zeit habe sich Blume auf der Autobahn Richtung Provinzhauptstadt befunden, von wo aus er nach Peking zurückfliegen wollte. Die deutsche Botschaft war rechtzeitig von der Festnahme unterrichtet worden, brauchte aber nicht einzugreifen.

Der Journalist hatte in einem der 20 Dörfer entlang des mit Schadstoffen verschmutzten Shaying Flusses recherchiert, wo die Krebsraten seit den neunziger Jahren dramatisch gestiegen sind. In dem 2400 Einwohner zählenden Dorf Huangmengying sind bereits mehr als 120 Menschen an Krebs gestorben.

"Ich bin den ganzen morgen von der Polizei verfolgt worden und hatte deswegen alle Interviews abgesagt", berichtete Blume. Die Polizei habe sein Taxi dann an einer Mautstelle auf der Autobahn angehalten und ihn nach Shenqiu zum Verhör gebracht. Die Deutsche Botschaft in Peking ist eingeschaltet. Die Umweltkatastrophe in Nordostchina, wo ein 100 Kilometer langer Abschnitt des Songhua Flusses nach einem Chemieunfall verseucht worden war, hatte ein Schlaglicht auf die zunehmende Wasserverschmutzung in China geworfen.

Das Schicksal der "Krebsdörfer" wird selbst in den staatlich kontrollierten chinesischen Medien behandelt. Danach wirft der Dorfvorsteher von Huangmengying einer Papierfabrik und anderen Industriebetrieben flussaufwärts vor, "rücksichtslos" unbehandelte Abwässer in den Fluss zu leiten. Besonders Menschen an Bächen und Teichen, die Wasser aus dem Fluss beziehen, leiden an Darm- und Speiseröhrenkrebs. Das Gesundheitsamt von Shenqiu fand auch hohe Konzentrationen von Mangan und Nitrat im Grundwasser des Dorfes.

Trotz der zunehmenden Öffnung dem Westen gegenüber wird immer wieder die fehlende Pressefreiheit in China kritisiert. Nach Angaben der Organisation Reporter ohne Grenzen halten die Behörden zurzeit 32 Journalisten fest, weil sie sich nicht an die strikten Zensurauflagen gehalten haben.

0 Comments:

Kommentar veröffentlichen

<< Home