Klima zwischen Berlin und Peking wird frostiger
Die Deutsche Welle berichtet über einen Klimawandel im deutsch-chinesischen Verhältnis:
doch lässt sich bei genauerem Hinsehen eine Änderung des Klimas ablesen, eine Verschiebung der Gewichte. Der Annäherung an die USA und der vorsichtigen Distanzierung von Moskau entspricht, auf asiatischem Parkett, die Annäherung an Japan und die vorsichtige Distanzierung von Peking. Nicht nur ist Steinmeier der erste deutsche Außenminister seit fünf Jahren, der Tokio besuchte, sondern er besuchte Tokio vor Peking. Und er wandte sich ausgerechnet beim Erzrivalen Chinas von der Linie der früheren Bundesregierung bezüglich des EU-Waffenembargos gegen China ab. Ex-Kanzler Gerhard Schröder hatte noch vehement dafür plädiert, das seit 1989 geltende Verbot des Verkaufs von Waffen nach China aufzuheben. Sein früherer Kanzleramtschef ließ jetzt, in seiner neuen Rolle als Außenminister, wissen, das Embargo könne nur gemeinsam mit den anderen EU-Staaten aufgehoben werden. Dass er sich dafür einsetzen werde, versprach er nicht - sicher ganz im Sinne seiner Kanzlerin. Angela Merkel wird ohnehin bei ihrem Besuch in Peking Ende Mai auf das Embargo angesprochen werden. Ein weiteres lästiges Thema im Gepäck Steinmeiers: Die fortgesetzten Verletzungen geistigen Eigentums in China. In Deutschland mehren sich die Klagen über hemmungslosen Technologieklau aus China. Und langsam dämmert deutschen Investoren, dass mit Kopien auch von High-Tech-Produkten nicht allein der chinesische Markt bedient wird - was schmerzhaft genug wäre -, sondern dass diese Produkte vermehrt auch auf den Heimatmärkten auftauchen. Ironie des Schicksals: Auch die nach dem Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation WTO erlassenen Gesetze zum Urheberrechtsschutz wurden nach deutschem Vorbild gestaltet. ... Ob der von der Pekinger Führung postulierte "friedliche Aufstieg" Chinas tatsächlich ohne größere Reibungen im internationalen System vonstatten gehen wird, entscheidet sich aber genau an dieser Frage: Inwieweit ist China bereit, sein wachsendes Gewicht verantwortlich einzusetzen? Inwieweit ist China bereit, sich internationalen Spielregeln und den Regimes multinationaler Abkommen zu unterwerfen? Die von Steinmeier in Peking angesprochenen Themen unterstreichen das: Der Atomstreit mit dem Iran, Chinas so genannte rohstofforientierte Außenpolitik oder - nach innen - der Mangel an Freiheitsrechten für die chinesische Bevölkerung. Im Gespräch zu bleiben ist da der richtige Weg. Insofern ist die Einrichtung des jetzt vereinbarten "stategischen Dialogs" zu begrüßen. Besonders dann, wenn die Gespräche mit chinesischen Regierungsvertretern flankiert werden von Gesprächen mit Vertretern von Nichtregierungsorganisationen. Steinmeiers Treffen mit solchen Vertretern ist das richtige Signal.