2003-12-31

--- Nicht nur bei Galileo, sondern auch bei weiteren Satellitenaktionen machen China und Europa gemeinsame Sache: Ziel der Mission ist es laut Auskunft der Europäischen Raumfahrtagentur Esa, den Einfluss von Sonnenwinden auf das Erd-Magnetfeld zu studieren. An Bord des in China hergestellten Satelliten befinden sich als europäischer Beitrag acht im Auftrag der Esa entwickelte wissenschaftliche Instrumente. Das Projekt „Double Star“ war von beiden Seiten auf Einladung Chinas 1997 verabredet worden: Sonde 1 ist der erste zweier Satelliten, der zweite soll 2004 starten.

2003-12-30

--- Das Handelsblatt sieht in seiner heutigen Printausgabe in 2004 für die Deutschen in China die "Stunde der Wahrheit" anbrechen und verweist auf den Start von Großprojekten wie die Transrapid-Strecke oder die Verbundanlage von BASF in Nanjing Für den Siemens-Konzern, der in China mehr als 20 000 Menschen beschäftigt und in Schanghai den größten Standort weltweit außerhalb Deutschlands betreibt, steht eine wichtige Entscheidung der Regierung an: Es geht darum, welche und wie viele Telekom-Betreiber in China den von Siemens und dem lokalen Partner Datang gemeinsam entwickelten Mobilfunk-Standard TD-SCDMA einführen. ... Der Autobranche, in der deutsche Marken Top-Positionen einnehmen, droht auch regulatorisches Unheil. Anfang 2004 wird die Zentralregierung Details ihres Plans für die Entwicklung der Industrie bekannt geben, die in diesem Jahr rund 80 % wächst. Dem Plan zufolge soll bis 2010 die Hälfte aller Verkäufe von lokalen PKW-Firmen mit eigenen Marken kommen.

--- Ohne großes Bimborium hat der Transrapid in Schanghai am Montag seinen Regel-Schwebebetrieb aufgenommen: Drei Jahre nach der Vertragsunterzeichnung des deutsch-chinesischen Jahrhundertprojekts, für das Peking mit allen Folgekosten bisher weit mehr als 1,2 Mrd. Euro bezahlte, geht die Magnetbahn vorerst in Halbtagsbetrieb. Bis Ende des Frühlingsfestes am 28. Januar schwebt sie einen Monat lang täglich von 8.32 Uhr bis 12.32 Uhr auf der 30-Kilometer-Doppelstrecke im 20-Minuten-Takt hin und her. Die Einzelfahrt für die Flughafenanbindung kostet 75 Yuan (rund sieben Euro).

2003-12-24

--- Maos 110. Geburtstag wird in China fulminant gefeiert: Pünktlich zum 110. Jubiläumstag des am 26. Dezember 1893 im Dorf Shaoshan geborenen Bauernrevolutionärs wird dem "großen Steuermann" derzeit in China mit einer Flut von Ausstellungen, Konzerten, Filmen und mehr als 100 neuen Büchern gehuldigt. Historiker der Partei erinnern an den krankhaften Argwohn des Kulturrevolutionärs vor dem Verrat an seinem ultralinken Lebenswerk. Mao-Kultbilder gibts hier.

2003-12-23

--- Die Online-Ausgabe der FTD schürt den Börsen-Hype rund um China und spricht mit Zachary Karabell, Senior Vice President bei Fred Alger Management in New York, der zusammen mit Portfolio-Manager Dan Chung den Alger US-China Growth Fund konzipierte: Das Reich der Mitte könnte in den kommenden Jahrzehnten zur weltweit größten Wirtschaftsmacht aufsteigen. Gute Gründe für Anleger dabei zu sein. ... In China findet kein kurzfristiger Boom statt, sondern eine langfristige Entwicklung, die in einer Veränderung der Kräfteverhältnisse an den Weltmärkten münden wird.

--- Frühkapitalismus pur -- so beschreibt die Zeit in einem langen Aufmacher Chinas Wirtschaft auf Speed. Vor einem Vierteljahrhundert schickte Deng Xiaoping als faktischer Landesherr das größte Volk der Erde auf den langen Marsch in den Kapitalismus. Reich werden sei erstrebenswert, gab er später als Motto aus, aber nicht alle könnten auf einmal reich werden – nicht alle Regionen und nicht alle Menschen. In diesem Plädoyer für Ungleichheit, das auch heute noch jeder Chinese kennt und fast jeder akzeptiert, steckt das Versprechen, dass irgendwann alle zu Wohlstand kommen. Davon ist gegenwärtig wenig zu sehen. In den Städten wächst der Wohlstand dank eines Dauerbooms schnell, während mehr als 700 Millionen Chinesen auf dem Land mit sinkenden Durchschnittseinkommen leben müssen. Dass China bald zu einer führenden Wirtschaftsnation aufsteigen wird, ist fast sicher. Derzeit entscheidet sich, welche Spielart des Kapitalismus sich durchsetzt.

2003-12-22

--- Telepolis bringt in einer Art Jahresrückblick eine Zusammenfassung über die andauernden Gängelungen von Internet-Nutzern unter dem Titel Chinas Kampf mit der Freiheit im Internet: Chinas junge Generation drängt mit Kraft ins Netz und macher nutzt das Internet, um seine politische Meinung zu bilden und zu verbreiten. Dabei geht es manchmal anders zu, als es den auf Stabilität und Herrschaftssicherung bedachten Führern in Peking recht ist.

--- Weihnachten in China? Die Welt schreibt, dass im atheistisch-kommunistischen Reich der Mitte die christlichen Gemeinden rapide wachsen. Allein die Protestanten sollen jährlich eine Million neue Mitglieder zählen. Sieben Kirchen will die evangelische Gemeinde nächstes Jahr allein in Peking bauen lassen. Die neuen Gebäude kommen zu den 13 Kirchen hinzu, die seit 1979 in der Hauptstadt eröffnet wurden. Spenden aus dem Ausland sichern die Finanzierung.

2003-12-20

--- Chinas politische Führung pflegt den Multilateralismus und verabschiedet sich vom alten Konfrontationskurs vor allem gegenüber den Nachbarn, will die Zeit den jüngsten Drohungen in Richtung Taiwan zum Trotz festgestellt haben. Die Strategie dahinter: Ein vertrauensbildender Multilateralismus kann China den asiatischen Nachbarn als Alternative zu einem Amerika empfehlen, das zunehmend als aggressiv und unilateristisch wahrgenommen wird. Er kann Peking auf der G8-Bühne und in vielen internationalen Organisation, an denen sich China heute aktiver als früher beteiligt, weltweite Anerkennung bringen. Vor allem aber kann der Multilateralismus Antworten auf die ganz eigenen Ängste Asiens vor dem Giganten China geben.

2003-12-19

--- Kai Strittmatter singt in der Süddeutschen Zeitung ein Loblied auf die Raubkopiererei und Fälscherei in China, der Fakerepublik und Worldwidewerkstatt. Praktisch jeder Computer in China läuft mit Raubkopien; keiner, der sich DVDs anschaut, hat mehr als 7 Yuan (70 Cents) für das Stück bezahlt. Der Umkehrschluss bedeutet im Noch-Immer-Entwicklungsland China aber: Wären nur die Originale zu haben – fast alle müssten darauf verzichten. „Mit Raubkopien habe ich die Pop-Geschichte nachgeholt, angefangen bei den Beatles“, erzählt ein befreundeter Musiker. Die Raubkopiererei ist das mächtigste Programm zur Einführung von Chinas Massen in westliche Kultur, kein geringer Beitrag also zur Völkerverständigung. Zugegeben: auf Kosten der westlichen Kulturindustrie. Hinter der Vorliebe für Fälschungen und Raubkopien macht Strittmatter ein größeres Phänomen aus, welches das ganze Land erfasst habe: die "Disneyfizierung Chinas".

--- Die internationalen Berater stehen Schlange, um beim Börsengang der China Construction Bank dabei zu sein. Kein Wunder: Die Erstemission von CCB im zweiten Halbjahr 2004 dürfte eines der wichtigsten und lukrativsten Geschäfte sein, das der Asienmarkt nächstes Jahr zu bieten hat. Wenn die CCB wie geplant rund 5 Mrd. $ durch die Platzierung von 25 Prozent ihrer Anteile einnimmt, fallen für die Konsortialbanken etwa 175 Mio. $ an Gebühren an.

--- Chinas erstes eigenproduziertes Online-Spiel ist ein voller Erfolg: 80.000 Surfer wollten das Game Legends of Knights Online vergangene Woche bereits spielen und waren bereit dafür auch zu bezahlen. Die Entwicklerfirma, Kingsoft aus Peking, hat Hunderte von Servern eingerichtet, um die Nachfrage zu befriedigen. Und Sorgen um Raubkopien muss sich das Unternehmen bei einem Online-Spiel auch nicht machen. Zum Game-Inhalt: "Legend of Knights Online" is based on popular Chinese martial arts and Chinese-style love affairs. The "Xia," Chinese warriors, draw on local mythology rather than western-mythos monsters and soldiers. Ob das Spiel international vermarktet wird, ist noch unklar.

2003-12-18

--- Mit dem geplanten und umstrittenen Verkauf der Hanauer Plutonium-Anlage nach China hat Schröder ein glattes Eigentor geschossen, urteilt Telepolis. Denn das Atom-Geschäft kollidiert offenbar mit dem Außenwirtschafts- und obendrein noch mit dem Kriegswaffen-Kontrollgesetz, behaupten Juristen.

2003-12-17

--- Obwohl der Aktienmarkt in China noch sehr, sehr jung und erst seit kurzem für ausländische Investoren geöffnet ist, zieht er laut FTD die Geldanleger bereits an wie der Mist die Fliegen: Chinas Aktienbörsen ziehen immer mehr ausländische Anleger an. Als Durchbruch gilt das Initial Public Offering (IPO) des landesweit größten Staudamm-Betreibers Yangtze Power im November. Wer sich mit "A-Aktien" und "Groß-IPOs" auseinandersetzen will, möge sich den Artikel reinziehen.

2003-12-14

--- Und schon wieder macht sich ein deutsches Wirtschafts- und Politikgrüppchen auf gen China. Knapp 14 Tage nach dem Besuch von Kanzler Gerhard Schröder in China, der die Diskussion um den Verkauf der Hanauer Atomfabrik ausgelöst hatte, wird nächste Woche die grüne Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Margareta Wolf, mit einer 52-köpfigen Wirtschaftsdelegation nach Peking reisen. Darunter sind unter anderem Vertreter großer Konzerne wie Siemens, MAN, Eon, BASF, Daimler-Chrysler, Degussa und Mitglieder des Asien-Pazifik-Ausschusses vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Siemens-Sprecher Peter Gottal erklärt die Terminhäufung: "Langfristig wird China für uns eines der wichtigsten Länder sein."

2003-12-13

--- Der Berliner katholische Bischof Georg Sterzinsky hat die "menschenunwürdigen" Arbeitsbedingungen in der chinesischen Spielzeugindustrie angeprangert: Der Import von Plüschtieren, Puppen und Teddys sei ein anderes Geschäft mit China, das bisher weniger Aufmerksamkeit gefunden habe als der geplante Verkauf der Plutoniumanlage, aber nicht weniger verwerflich sei. Denn in den dortigen Fabriken Arbeitsschutzbestimmungen grob verletzt und gesetzliche Mindestlöhne unterschritten. Vor allem junge Frauen arbeiteten dort nicht selten an sieben Tagen in der Woche jeweils zwölf bis dreizehn Stunden.

2003-12-12

--- Weigui Fang liefert in Telepolis umfangreiche Eindrücke vom chinesischen Rotlichtmilieu im Cyberspace ab. In SMS-Chats und Weblogs im Reich der Mitte floriert demnach das Geschäft mit der Erotik. Kulturkritiker finden sich da natürlich auch: "Es ist furchterregend, wenn eine Nation sich einer extremen Kultur hingibt", so kommentierte kürzlich ein Leserbrief die Entwicklung und explizierte sarkastisch: "Von einem extrem politischen Fanatismus zu einem extremen Mammonismus und - zu dem heutigen Erotismus". Vergleicht man die finanziellen Erfolge der Anbieter von SMS-Service, so vergleiche man de facto, wer mehr "Erotik" anbietet, sagen die Insider. ... Die heftigste Attacke erfolgte im Juni in Gestalt eines Artikels mit dem Titel "Bordellbetreiber - Über die Erotik im Internet". Der Verfasser zieht Parallelen zwischen den CEOs der chinesischen Megaportale und Puffmüttern, da ihre Websites einfach "Cyber-Tempel der Erotik" seien. Aber schon Konfuzius sagte ja, das Bedürfnis zu essen und der Geschlechtstrieb lägen in der Natur des Menschen.

2003-12-11

--- Die vertraulichen Beziehungen zwischen China und den USA sind besser als je zuvor, behauptet der Economist im Hinblick auf die anstehende Reise von Chinas Premier Wen Jiabao nach Washington. Die Streitigkeiten über Wechselkurse und wachsende Handelsdefizite seien zwar groß. Beide Länder hätten aber auch gemeinsame politische Ziele: In fighting Islamic terrorism, America has found China co-operative. China's leaders, after all, have their own Muslim problem: restive Uighurs in the western province of Xinjiang. America's once-loud criticism of China's harsh treatment of such “splittists” and other minorities, notably Tibetans, is now barely audible. Then there is North Korea and its nuclear-weapons programme. China's attempts since last spring to use what economic and diplomatic leverage it has left with its old and infuriating Communist ally has earned Hu Jintao, the president, and Mr Wen the respect of the Bush administration, which wants to “internationalise” the issue.

--- China will angeblich die anvisierte Plutoniumanlage aus Hanau einer Kontrolle der Anlage durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) unterziehen, um alle Zweifel an der "zivilen" Nutzung der Fabrik auszuwischen. Regierungssprecher Bela Anders geht daher davon aus, dass das Ding verkauft wird. Allerdings will auch die EU-Kommission ein Wörtchen mitreden.

2003-12-09

--- Was kann China mit der Mischoxid-Brennelementefabrik in Hanau tatsächlich anfangen? Dieser Frage geht heute fast die gesamte deutsche Presselandschaft nach. Die Süddeutsche Zeitung etwa hat im Wissensteil folgende Antwort parat: Zivile Nutzungsmöglichkeiten gibt es kaum für die erst startende Atommacht. Bleibt zwangsweise -- allen versprochenen "Bürgschaften", die das Gegenteil behaupten, zum Trotz -- nur die Schlussfolgerung, dass es wohl doch um militärische Szenarien geht.

Die Welt sieht die Sache jedoch anders: China steht erst am Anfang des Brennstoffkreislaufs. Der zentrale Baustein des Konzepts, die Wiederaufarbeitungsanlage, in der verbrannte Brennelemente recycelt werden können, soll bislang nur in einer Testversion existieren, die für das ehrgeizige Atomprogramm des Landes viel zu klein ist. Auch bei der Brütertechnologie sind die Chinesen noch im Experimentalstadium. Die Hanauer Anlage wäre also ein Segment in einem zurzeit noch sehr unvollkommenen Kreislauf. Für ein ziviles Programm aber, das mittelfristig 30 und langfristig gar 100 neue Meiler vorsieht, wäre sie ein wichtiger Schritt. Mittel- und langfristig scheint also eine zivile Nutzung durchaus vorstellbar, momentan aber nicht. Experten fragen sich, was China mit diesen Mengen Plutonium will, berichtet daher auch die FTD. Aber die Chinesen planen ja immer weeeiiiittt in die Zukunft ;-)

--- Der Spiegel hat es nach der Schröder-Reise und dem Trouble um die Plutoniumanlage jetzt auch gemerkt: Deutschlands Firmen haben den chinesischen Markt entdeckt! Deutsche Konzerne bauten in China U-Bahnen (Adtranz, Siemens), produzieren Autos (VW, Audi, BMW), testen dort demnächst ihre Airbus-Triebwerke (MTU), wollen Halbleiter (Infineon) und Windanlagen (REpower Systems) produzieren, Gruppenreisen vermitteln (TUI) oder Bausparverträge verkaufen (Schwäbisch Hall). Allein die Deutsche Post, bislang schon führender ausländischer Logistikdienstleister, will mehr als 1,5 Milliarden Euro in China investieren, um dort noch mehr Güter per Lastwagen oder Luftfracht zu transportieren. Tja, bei all den großen Namen bleibt den Hamburgern nur noch die scheue Frage, ob die Arbeitsplätze auch mit in den Fernen Osten wandern. Eine Antwort wissen sie natürlich nicht. Insgesamt ein eher enttäuschender Artikel, der aus der Ehrfurcht vor dem Deutschland-AG-Kanzler auf China-Tour nicht hinauskommt.

2003-12-08

--- "Zensiert, verfolgt, verboten", titelt die Süddeutsche Zeitung im Hinblick auf die Haltung Pekings zum Internet sowie zur freien Meinungsäußerung und verweist darauf, dass sich China damit auf dem Uno-Weltgipfel zur Informationsgesellschaft ins Abseits manövrieren könnte. Die digitalen Gräben zwischen armen und reichen Ländern sollen verschwinden – da ist sich China mit den anderen Ländern einig. Das Problem mit Peking ist nur, dass es digitale Mauern und Maulkörbe im eigenen Land gerne weiter behalten möchte.

--- China als der "Sweatshop" der Welt? Die kapitalistische New York Times bringt einen ausführlichen Bericht über die Situation des chinesischen Arbeiterproletariats und bemängelt, dass im Land des Drachens nach wie vor zu lange Arbeitstage bei zu geringer Bezahlung die Regel sind.

--- Forscher der amerikanischen Wharton-Universität sehen in den in jüngster Zeit in den USA häufiger zu hörenden Klagen, dass Chinas Billigproduzenten den Arbeitsmarkt in den Vereinigten Staaten kaputt machen, eine rein politisch motivierte Kampagne, die sich faktisch nicht rechtfertigen lässt. It would appear so, given the rhetoric in recent months by American politicians and some business people, who have complained about the loss of U.S. jobs to China, unfair Chinese trade practices and a Chinese foreign currency policy that favors Chinese exporters who flood world markets with cheap goods. But faculty members at Wharton and other business schools say the complaints are politically motivated and ignore the true victims of any trade war – the consumers.

2003-12-07

--- Reporter ohne Grenzen (RoG) gegen Wirtschaft ohne Grenzen in China: Die Menschenrechtsorganisation mit Hauptsitz in Frankreich hat an die Chefs von 14 Unternehmen aus der IT-Branche wie Cisco Systems, Microsoft, Intel, HP, Sun, IBM, Yahoo und Alcatel einen blauen Brief geschickt, in dem sie vor einem zu großen Engagement im Reich der Mitte wegen der dort nach wie vor üblichen Menschenrechtsverletzungen warnt. Sie sollen die Zustände in China bei ihren Geschäftsentscheidungen bedenken, legt der sich für Journalisten und Meinungsfreiheit weltweit einsetzende Verband den Wirtschaftsbossen nahe. Außerdem brandmarkt RoG Chinas Staatsoberhaupt Hu Jintao als Jäger der Pressefreiheit.

2003-12-05

--- Schröder zeigt Beharrungswillen im Streit um den geplanten Verkauf der Hanauer Plutoniumanlage an China: Schröder sagte am Freitag in mehreren Fernsehinterviews im kasachischen Astana, China werde Garantien geben, dass die Anlage nur für zivile Atomenergiezwecke genutzt werde. Beim Verkauf gehe es nicht um eine politische, sondern um eine rein rechtliche Entscheidung. "Wir können ja nicht Recht beugen aus politischen Gründen", sagte Schröder. Auch Außenminister Joschka Fischer hat trotz politischer Bedenken eine positive Entscheidung über den Export angedeutet. Na, wer soll da noch etwas dagegen haben? Siemens, der Hauptträger der Investmentruine, sicher nicht.

2003-12-04

--- Taiwans Präsident Chen Shui-bian möchte Klarheit um den Status der in letzter Zeit wieder für mehr politische Schlagzeilen sorgenden Inselrepublik. So will er bei der für März geplanten Volksabstimmung zwar nicht direkt die Unabhängigkeitsfrage stellen, aber doch angeblich die Welt aufrütteln: "Der Zweck der Volksabstimmung ist es, die Wachsamkeit unseres Volkes gegen die Bedrohung Chinas zu erhöhen, die Aufmerksamkeit der Welt gegenüber der Bedrohung Chinas zu wecken und China durch friedliche Mittel aufzufordern, Taiwan nicht mehr mit Raketen zu bedrohen", sagte Chen Shui-bian.

--- Schröder-Mania nicht nur in der deutschen, sondern auch in der chinesischen Presse, berichtet die Morgenpost/Welt: Die Presse überbot sich in lokalpatriotischen Hurra-Rufen zum Besuch Gerhard Schröders. "Er ist seit langem der erste westliche Top-Politiker, der auch zu uns und nicht nur nach Peking und Schanghai kommt", schrieb die Kantoner Tageszeitung und titelte: "Schröderscher Wirbelwind". Der Kanzler habe unter Kantonern eine "Schröder-Begeisterung" ausgelöst. Neun Regionalzeitungen des Landes nahmen ihn auf ihre Titelseite und berichteten über eine turbulente Automesse mit dem Kanzler: Schröder habe bewegt wildfremde Hände gedrückt. "Er versank zwischen BMW, VW und Audi im Meer unserer Massen", begeisterte sich die Südliche Metropolzeitung.

Dass sich die Sache mit dem von Schröder mit eingefädelten Verkauf der Plutonium-Anlage nach China erhärtet, ist den beiden mehr oder weniger zusammengelegten Springer-Blättern dazu noch eine Glosse wert: Deutsche Waffen für die roten Mandarine? Aber gern doch - das EU-Embargo kostet doch nur Arbeitsplätze. Deutsche Plutoniumtechnologie ins Reich der Mitte? Warum nicht - der rot-grüne Anti-Atom-Konsens ist sowieso nur innenpolitische Folklore. ... Die Signale, die von Schröders China-Verkaufstour ausgehen, sind unmissverständlich: Zu Hause könnt ihr mich quälen, im Jammertal der Haushaltskrisen und Sozialsirenengesänge. Aber wenn ich losgelassen bin, dann räume ich jede moralische oder politische Exportbarriere aus dem Weg. Entsprechend verdattert reagiert daheim seine Umgebung, von der EU-Kommission in Brüssel bis zum grünen Koalitionspartner - von der eigenen Partei ganz zu schweigen.

2003-12-03

--- Nach Justizministerin Zypries machte sich jetzt auch Schröder für mehr Meinungsfreiheit in China stark. Vor allem die staatliche Verfolgung von Internetnutzern in China kritisierte der Kanzler vor Studenten in Kanton. China werde sein Ziel, schon bald der weltweit größte Internet-Markt zu sein, nur dann erreichen, wenn das Netz auch für die eigenen Benutzer attraktiv sei. Dies setze aber auch die Freiheit aller Anbieter und Nutzer voraus. Die deutsche Bürgerrechtsinitiative Odem.org hofft nun, dass der Kanzler sich auch in Deutschland "mit dem gleichen Ehrgeiz für ein Internet ohne Zwangsfilter und nationale Grenzen einsetzt." Sie spielen damit auf den Fall Büssow an: Der nordrhein-westfälische Medienwächter nimmt die Provider in die Pflicht und hat ihnen auferlegt, zwei Neonazi-Sites in den USA mehr schlecht als recht zu sperren. Die Aktivisten sehen darin den Grundstein für eine weiter gehende Internet-Zensur gelegt.

Update: Heribert Prantls Sicht der Dinge legt nahe, dass es sich bei der für Schlagzeilenden sorgenden Äußerung Schröders zur Meinungsfreiheit um eine reine "Alibi-Veranstaltung" gehandelt hat. Mehr dazu beim Spindoktor.

--- Die lauten Überlegungen des Kanzlers, die nie in Betrieb gegangene Plutoniumanlage in Hanau gen Fernost zu verkaufen, empört die Grünen sichtlich. Schröder hatte den Fehler gemacht, den kleinen Koalitionspartner nicht einmal über seine Planspiele zu informieren. Dementsprechend scharf ist die Kritik: "Wenn man zu Hause die Atomwirtschaft ablehnt, dann ist es politisch falsch, diese Fabrik zu exportieren", sagte deren Bundestagsabgeordneter Winfried Hermann der FTD. "Diese Anlage steht am Anfang der gefährlichen Plutoniumwirtschaft.Eine auf Werten basierte Außenpolitik darf das nicht machen". Auch der Asienreferent der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Ulrich Delius, ist empört. Er warnte davor, sich auf Zusagen der chinesischen Regierung zur Nichtverbreitung von Kernwaffen zu verlassen. Insgesamt beschränke sich Chinas Engagement weitgehend auf Lippenbekenntnisse, während sich die Lage der Menschenrechte in der Volksrepublik stetig verschlechtere.

2003-12-02

--- China als Müllhalde der globalen Elektronikwirtschaft? Telepolis hat eine Meldung der chinesischen Agentur Xinhua aufgegriffen, in dem berichtet wird, dass ein Großteil des Elektronikschrotts, vor allem Computer, in China "entsorgt" wird und zu bedenklichen Gesundheits- und Umweltbelastungen führt. Am stärksten betroffen sind angeblich die direkt an Hong Kong angrenzenden Regionen.

--- China nun also wirklich heftig in den Nachrichten, mit oder ohne Schröder. Bei Spiegel Online etwa gibt es eine Story, wonach Peking im Gespräch mit dem Kanzler Interesse am Kauf einer hessischen Plutoniumanlage bei Hanau geäußert hat. Vollkommen abbauen und in heimatlichen Gefilden wieder errichten, so die bewährte Strategie. Was die Chinesen mit dem Trumm wohl wollen?

Hoffnungen auf neue Geschäfte weckte ansonsten Eisenbahnminister Liu Zhijun im Gespräch mit Verkehrsminister Manfred Stolpe. Zwar natürlich keine Versprechungen von wegen Transrapid-Weiterbau. Aber: "Egal, wie wir uns entscheiden, Deutschland ist auf jeden Fall dabei", soll der Chinese gesagt haben. Schröder forderte derweil Peking auf, mehr Rechtssicherheit für ausländische Investoren zu schaffen. Da Justizministerin Brigitte Zypries auch mit auf dem Kabinettsausflug ist, ging es auch um die Fortsetzung des rechtspolitischen Dialogs. Dafür haben sich beide Seiten ausgesprochen. Er soll auch um eingesondertes Kapitel "Menschenrechte" erweitert werden. Vor Ort setzte sich Zypries denn auch gleich für die freie Meinungsäußerung ein.

2003-12-01

--- Wie zu erwarten, heute noch mehr China und Schröder in the News. Die Morgenpost alias Welt weist darauf hin, dass Peking "offenbar im Zusammenhang mit dem Kanzlerbesuch" die Netzaktivistin Liu Di, freigelassen hat. Sie war unter dem Pseudonym "Maus aus Edelstahl" zum Symbol für die Unterdrückung im Internet in China geworden. Mehr als andere Leidensgenossen von Liu sitzen aber weiter ein. Im Vorfeld des Besuchs wurde auch bekannt, dass die Bausparkasse Schwäbisch Hall über ein Joint Venture ins Hypothekengeschäft in China einsteigt. Sie kann von Anfang 2004 an Chinesen -- vorerst beschränkt auf die zehn Millionen Einwohner der Hafenstadt Tianjin -- Bausparverträge verkaufen. Partner ist die staatliche "China Construction Bank".