2006-03-28

Das China-Dilemma amerikanischer Netzfirmen

Das Magazin Working Knowledge der Harvard Business School beschäftigt sich mit dem China-Dilemma US-amerikanischer Online-Firmen und einer Leserumfrage zum Thema:
The jury is in. Nearly all respondents to this month's column would advise U.S. firms such as Yahoo, Google, Cisco, and Microsoft to continue to operate in China despite the government's possible use of their content or technology to invade the privacy of its citizens. But about half would advocate a discontinuation of operations after attempting unsuccessfully to resist meeting government demands for private information. Some suggested more complex strategies. Among those in favor of staying and trying to reach some kind of accommodation were Sandi Edgar, who commented, "If Google ended its service to China, China would respond by creating its own version of Google." Jack Carpenter advised, "If an organization is serious about doing business in China, it must 'ride out' all government restrictions. Things evolve fast in China. . . . Flexibility in building a position is necessary." Michael Peng concurred: "If U.S. firms choose to leave, they not only lose China's market, but also the chance to make an impact in China." Linda Sun added, "Having worked in China . . . , I know the best course is to comply initially to gain the trust of the authorities, and then to suggest changes and modifications." Others advocated more vigorous actions and, if necessary, departure from China. Matt Deter commented, "If Yahoo and Google want to change China, they need to work against the system, not within it." Suraj Babalola wrote, "I would be very happy if both Google and Yahoo resisted these constraints. The real bottom line is people, no matter where they reside. . . . Please do not limit this discussion to China." Nicole Herbots put it this way: "Our truest self-interest is in the end always the ethical choice of resisting or leaving, as we will be inevitably be the next victims of the repressive policies we did not confront but ended up supporting by complying."

2006-03-17

Funktionäre futtern Chinesen arm

Die chinesischen Parteibosse sind einer Untersuchung zufolge eine Last für den Rest der Bevölkerung:
Gutes Essen und schnelle Autos wissen Chinas Funktionäre zu schätzen - ihre Dienstwagen, Ess- und Trinkgelage verschlangen im vergangenen Jahr rund ein Fünftel des nationalen Haushalts. Die Partei mahnt nun in einem "neuen sozialistischen Konzept" zu mehr Bescheidenheit. Nach Angaben der Zeitung "Xuexi Shibao" der Parteihochschule wurden 2004 für 408 Mrd. Yuan (42 Mrd. Euro) Autos für Behörden und Funktionäre gekauft. Statistiken zeigten, dass Einladungen zum Essen und Trinken weitere 200 Mrd. Yuan im Jahr an öffentlichen Mitteln kosteten. Zusammen ergäben sich 600 Mrd. Yuan, was 20 Prozent des Haushalts der Zentralregierung entspreche. Die Ausgaben, die sowohl aus lokalen als auch zentralen Etats getätigt werden, sind mehr als doppelt so hoch wie der offizielle Rüstungsetat und doppelt so hoch wie die Ausgaben zur Förderung der rückständigen Landwirtschaft. Der Bericht folgte auf die Klage von Ministerpräsident Wen Jiabao in seinem Rechenschaftsbericht vor dem Volkskongress, dass einige Kader "extravagant und verschwenderisch" lebten. Er hatte sie aufgefordert, eine "saubere Regierung" aufzubauen und "mit Hingabe, fleißig und verantwortlich" zu arbeiten.

2006-03-09

Schöne chinesische Welt in Propaganda-Blogs

Spiegel Online hat einen Blick in die neuen offiziellen chinesische Politblogs mitsamt all ihrer Propaganda geworfen:
Cai Jiming ist Wirtschaftsprofessor an der Qinghua-Universität in Peking. In diesen Tagen hat er besonders viel zu tun: Er nimmt als Delegierter an der "Politischen Konsultativkonferenz" teil, die ein Mal im Jahr zeitgleich mit dem Nationalen Volkskongress tagt. Außerdem ist der Gelehrte Blogger. Chinas Politik hat die Internettagebücher für sich entdeckt. Die Deputierten der "Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes" (PKKCV) dürfen zum ersten Mal Weblogs schreiben. Die Blogs finden Surfer über das Portal der Pekinger Volkszeitung, des offiziellen KP-Organs. Die Weblogs der PKKCV-Delegierten sollen den Eindruck von Offenheit erwecken. Internetnutzer können Kommentare und Anregungen senden und so mit den Abgeordneten direkt kommunizieren - eine neue Form der Propaganda. Professor Cai zum Beispiel hat sich das Schlagwort des "neuen sozialistischen Dorfes" für sein Weblog ausgesucht, das Motto, unter dem der 16. Nationale Volkskongress in Peking steht. Doch Cai ist mit der Devise nicht ganz zufrieden: "Das neue sozialistische Dorf aufzubauen ist nicht die Methode, um Chinas Probleme auf dem Land grundlegend zu lösen", schreibt er. Der Experte glaubt, dass die Pläne der Regierung die krassen Unterschiede zwischen Stadt und Land zementieren könnten.
Kontroverse Töne wie die von Cai Jiming sind bei den Delegierten-Blogs die Ausnahme. Oft geht es um Belangloses: Eine Abgeordnete aus Peking erzählt über persönliche Begegnungen mit Kollegen und zeigt ihr sympathisches Lächeln auf privaten Photos. Ein Delegierter beklagt sprachliche Verwahrlosung im Internet. Andere berichten davon, wie sie von den Medien interviewt wurden. Der Shanghaier Dichter Zhao Lihong beschreibt überschwänglich das Wetter und lobt die Hauptstädter für ihre Gastfreundschaft: "Danke Pekinger!" In China sind Weblogs längst ebenso populär wie in anderen Ländern. Ungewöhnlich aber ist es, wenn Politiker das Medium nutzen, das die Führung sonst hart kontrolliert. Nirgendwo auf der Welt wird das Internet so streng zensiert wie in China. 30.000 Internetpolizisten sind damit beschäftigt, unliebsame Beiträge herauszufiltern und Seiten zu blockieren. Die neue Initiative gleicht einer Flucht nach vorn: Je mehr regierungsfreundliche Internetseiten es gibt, so das Kalkül der Führung, desto weniger werden die kritischen Seiten wahrgenommen.

China und das wilde, wilde Web

Die New York Times fühlt sich beim Blick auf das chinesische Internet anscheinend ein wenig an den guten alten wilden Westen erinnert. Meinungsfreiheit gebe es zwar nicht, dafür aber Sex, Drugs & Rock'n Roll:
By some estimates, there are more than 30,000 people patrolling the Web in China, helping to form one of the world's far-reaching Internet filtering systems. But while China's huge Internet police force is busy deleting annoying phrases like "free speech" and "human rights" from online bulletin boards, specialists say that Wild West capitalism has moved from the real economy in China to the virtual one. Indeed, the unchecked freedoms that exist on the Web, analysts say, are perhaps unwittingly ushering in an age of startling social change. The Web in China is a thriving marketplace for everyone, including scam artists, snake oil salesmen and hard-core criminals who are only too eager to turn consumers into victims. Chinese entrepreneurs who started out brazenly selling downloadable pirated music and movies from online storefronts have extended their product lines — peddling drugs and sex, stolen cars, firearms and even organs for transplanting. Much of this is happening because Internet use has grown so fast, with 110 million Web surfers in China, second only to the United States. Last year, online revenue — which the government defines more broadly than it is in the United States — was valued at $69 billion, up around 58 percent from the year before, according to a survey by the China Internet Development Research Center. By 2010, Wall Street analysts say China could have the world's leading online commerce, with revenue coming from advertising, e-commerce and subscription fees, as well as illicit services. The authorities have vowed to crack down on illegal Web sites and say that more than 2,000 sex and gambling sites have been shut down in recent years. But new sites are eluding them every day. "It's a wild place," Xiao Qiang, director of the China Internet Project at the graduate journalism school of the University of California, Berkeley, said of China's Web. "Outside of politics, China is as free as anywhere. You can find porn just about anywhere on the Internet." On any of China's leading search engines, enter sensitive political terms like "Tiananmen Square" or "Falun Gong," and the computer is likely to crash or simply offer a list of censored Web sites. But terms like "hot sex" or "illegal drugs" take users to dozens of links to Web sites allowing them to download sex videos, gain entry to online sports gambling dens or even make purchases of heroin. The scams are flourishing.

2006-03-06

Peking will Stadt-Land-Kluft verkleinern

Peking will verstärkt die Entwicklung auf dem Land in China vorantreiben:
Kehrtwende auf dem Nationalen Volkskongress in China: Die Kommunisten wollen nicht länger die Urbanisierung fördern. Stattdessen soll den noch immer sehr armen Menschen auf dem Land geholfen werden. Kaum einen Satz betont Wen Jiabao so sehr wie diesen: China müsse die Priorität bei Infrastruktur-Investitionen von der Stadt aufs Land verschieben. In seiner Rede zur Eröffnung des Nationalen Volkskongresses (NVK) hebt der chinesische Ministerpräsident die Stimme: "Das ist eine ganz bedeutende Veränderung." Die knapp 3000 Abgeordneten des Nationalen Volkskongresses klatschen. Die Delegierten applaudieren oft bei sozialen Themen, besonders dann, wenn sie wissen, dass die Regierung einen Schwerpunkt setzen will. Der ist fraglos in diesem Jahr das von Wen präsentierte Großprogramm, mit dem Peking die ländlichen Regionen fördern will. Politisch korrekt "Neues sozialistisches Land" betitelt, soll es durch Subventionen, kostenlose Schulen und neue Straßen helfen, die weit aufgerissene Einkommensschere zwischen Stadt und Land zu schließen. Peking werde dieses Jahr 340 Mrd. Yuan (45 Mrd. Euro) für eine Verbesserung der Lage auf dem Land ausgeben, 14 Prozent mehr als 2005, sagt Wen. Mit der Kampagne vollziehen die Kommunisten eine Kehrtwende: "In den letzten zehn Jahren wurden Urbanisierung und Industrialisierung durch die ländliche Bevölkerung subventioniert, und dies soll nun umgedreht werden", sagt Gilles Guiheux, Direktor des Französischen Zentrums für zeitgenössische Chinastudien in Hongkong. So finanziert die Regierung im Laufe des nächsten, vom NVK abzusegnenden Fünfjahresplans 1,2 Millionen Kilometer neue Straßen - vor allem in Grenzregionen, wichtigen Getreideanbaugebieten und alten Revolutionsbasen. Vier von fünf Dörfern sollen ans Verkehrsnetz angeschlossen werden - damit Bauern ihre Ernte auf den Markt bringen können. Zudem stellt Peking den Kommunen bis 2010 umgerechnet gut 13 Mrd. Euro für Bildung bereit. Damit gleicht sie aus, dass ab dem Frühjahr in armen ländlichen Regionen West- und Zentralchinas die Schulgebühren wegfallen. Bis Ende 2007 sollen die neun Schulpflichtjahre in Dörfern landesweit gebührenfrei sein.

2006-03-05

China rüstet deutlich auf

Das dürfte den USA nicht gefallen::
China hat für 2006 eine starke Erhöhung des Militärhaushalts um fast 15 Prozent angekündigt - und gleichzeitig seine Drohungen gegenüber Taiwan bekräftigt. Einen Tag vor Beginn der Sitzung des Nationalen Volkskongresses (NVK) bekräftigte Sprecher Jiang Enzhu Warnungen vor einer Unabhängigkeit der als "abtrünnige Provinz" betrachteten Insel. Die jüngste Abschaffung des Nationalen Rates für Wiedervereinigung und der Richtlinien der taiwanesischen Regierung für eine mögliche Wiedervereinigung seien eine "ernste Provokation" und ein "gefährlicher Schritt" in Richtung Unabhängigkeit. Taiwans Präsident Chen Shui-bian hatte zuvor den symbolträchtigen Rat abgeschafft, mit der Begründung, eine Wiedervereinigung stehe derzeit nicht an - angesichts der militärischen Bedrohung durch China. Der neue offizielle Verteidigungsetat wird auf 283,8 Milliarden Yuan (umgerechnet 29,3 Milliarden Euro) steigen. Damit wächst er schneller als im Vorjahr (12,7 Prozent) und stärker als der restliche Staatshaushalt und die Wirtschaft. Nach Angaben des Sprechers betragen die Militärausgaben 7,4 Prozent des Gesamthaushalts. Seit Anfang der 90er Jahre wächst Chinas Militäretat im zweistelligen Prozentbereich. Der Volkskongreß, der heute mit dem Rechenschaftsbericht von Premierminister Wen Jiabao beginnt, wird den Haushalt sowie den neuen Fünfjahresplan am Ende der zehntägigen Sitzung annehmen. Jiang versicherte, China sei ein "friedliebendes Land". Eine Anhebung des Solds, Kosten durch den gestiegenen Ölpreis und eine bessere militärische Ausrüstung machten die Etaterhöhung notwendig. Ferner sei der Anstieg der Militärausgaben im Vergleich zu den USA, Großbritannien oder Japan niedrig. Die USA hätten 2005 für die Streitkräfte mehr als zehnmal soviel ausgegeben, wie China für 2006 plane. Das Pentagon geht davon aus, daß Chinas Verteidigungshaushalt etwa zwei- bis dreimal so groß ist wie offiziell angegeben, wenn alle Ausgaben zusammengefaßt werden.

2006-03-03

SAP zieht es verstärkt nach China

Die Walldorfer produzieren verstärkt in China:
Der deutsche Softwarekonzern SAP will die Zahl seiner Entwickler in China bis Ende des Jahres mehr als verdoppeln. Ende März eröffnet SAP in Shanghai ein neues Labor. Das kündigte Klaus Zimmer, SAP-Nordasienchef, im Interview mit der FTD an. Bis Ende 2006 werde die Zahl der Entwickler dort von 500 auf 1000 erhöht, so Zimmer. In einem späteren Schritt sollen weitere 500 hinzukommen. Ebenfalls diesen Monat geht in der westchinesischen Stadt Chengdu ein neues SAP-Forschungszentrum an den Start, mit zunächst 100 Datenforschern. Bis Jahresende wird China damit Israel als viertgrößte Forschungsbasis des Unternehmens ablösen - hinter Deutschland, Indien und den USA. Der von Vorstandschef Henning Kagermann angekündigte Ausbau der Entwicklungskapazitäten im Reich der Mitte nimmt nun konkrete Formen an. Gleichzeitig signalisiert die Expansion eine strategische Aufwertung des Landes für das Globalgeschäft von SAP. In China kreierte Software werde künftig verstärkt ins globale Produktportfolio des Konzerns einfließen, so Zimmer. Die chinesischen Labore würden zu einem Schwerpunktstandort für Softwarelösungen, die auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zugeschnitten sind. "Chinas eigener KMU-Sektor floriert", so Zimmer. Das biete eine geeignete Plattform für neue Softwareideen. In einem Pilotprojekt wurde in China eine Spezialsoftware für Automobilzulieferer entwickelt, die zuerst bei Kunden in Deutschland eingesetzt wurde. Bisher spielte China bei SAP eine untergeordnete Rolle in der Softwareentwicklung. Der mangelnde Schutz geistigen Eigentums hemme die Branche, klagt Zimmer. Gesetze seien vorhanden, würden aber nicht "ausreichend angewandt". Da der Staat Verfehlungen kaum nachgeht, hat SAP eigene Ermittler, um Kopisten aufzuspüren.