2006-10-31

Bald weniger Hinrichtungen in China?

Peking hat eine Reform des Gesetzes zur Vollziehung der Todesstrafe beschlossen:
Künftig muss das Oberste Gericht des Landes Todesurteilen zustimmen. Dadurch dürfte nach Einschätzung von Experten die Zahl der Hinrichtungen um 20 Prozent zurückgehen. Der Nationale Volkskongress stimmte am Dienstag einer entsprechenden Gesetzesänderung zu. Diese soll zum 1. Januar 2007 in Kraft treten. Der Vorsitzende des Obersten Gerichts, Xiao Yang, sah durch die wiederhergestellte Trennung der Verfahren einen wichtigen Schritt, "um Fehlurteile zu verhindern". Er fügte hinzu: "Es gibt den Angeklagten in Fällen mit Todesstrafe eine weitere Chance, dass ihre Meinung gehört wird." Die lange erwartete Reform war immer wieder auf Widerstand in den Provinzen gestoßen und hinausgezögert worden. Das Oberste Gericht hatte bereits im Frühjahr drei neue Strafkammern eingerichtet und Richter aus den Provinzen versetzt, um die Fälle künftig überhaupt auch personell bewältigen zu können. ... Die Zahl der Todesurteile in China ist ein Staatsgeheimnis, wird in akademischen Kreisen aber auf etwa 8000 im Jahr geschätzt - mehr als im Rest der Welt zusammen. Es gibt 68 Straftatbestände, bei denen der Tod durch Genickschuss oder Giftspritze drohen. Mindestens die Hälfte der Fälle sind keine Gewaltverbrechen. So werden Todesurteile auch bei Korruption, Wirtschafts- oder Eigentumsdelikten verhängt.

2006-10-12

Chinesen kopieren Smart-Design

Frech oder smart?:
Sie sehen dem Smart fortwo täuschend ähnlich: kleine zweisitzige Elektrofahrzeuge, made in China. Bilder der Auto-Kopien kursieren schon seit Wochen in Internet-Foren von Smart-Freunden. Ein Smart-Sprecher sagte, dass die Anwälte des Stuttgarter Mutterkonzerns DaimlerChrysler derzeit prüfen, welche Schritte man einleiten könne. Das Smart-Design sei in zahlreichen Ländern geschützt - auch in China. Einem Bericht der "Auto Bild" zufolge sind einige Exemplare der Fahrzeuge sogar schon in Europa aufgetaucht - und das ist auch das Ziel. "Unser City Smart wurde ausschließlich für Europa entwickelt", sagte Jerry Chen, Projektmanager der chinesischen Firma CMEC aus Suzhou bei Shanghai zu "Auto Bild". Der größte Unterschied zum Original sei, dass statt eines Otto- oder Dieselmotors ein Elektroaggregat das Plagiat antreibe. Damit soll der China-Smart dem Hersteller zufolge bei 100 Kilometern Reichweite 55 Kilometer pro Stunde Spitzengeschwindigkeit schaffen. Erste Exemplare, behauptet CMEC-Manager Chen, befänden sich schon in Großbritannien und Ungarn, wo sie ab 2007 für 4200 Euro angeboten werden sollen. Ob es jedoch zu einem europaweiten Verkauf des Elektroautos kommt, ist fraglich. Wegen des Patentschutzes könnte Smart die Plagiate an der Grenze beschlagnahmen lassen und von der CMEC Unterlassung verlangen, sagt Volker Jänich, Markenrechtler an der Uni Jena. ... Die Erfahrung, dass in China Technologie und Design unter Verletzung von Urheberrechten kopiert wird, machen viele ausländische Unternehmen. Für DaimlerChrysler ist die Smart-Kopie nicht der erste Fall von Designklau: Vor einigen Jahren kam in China ein Kleinwagen auf den Markt, dessen Frontpartie extrem große Ähnlichkeit mit dem vorderen Teil der Mercedes C-Klasse hat. "In dem Fall sind wir nicht juristisch gegen den Hersteller vorgegangen, weil es sehr schwierig war, vor einem chinesischen Gericht einen Designklau nachzuweisen", sagte ein Unternehmenssprecher.

Labels: ,

2006-10-05

China einig Bloggerland

Die Chinesen führen beim Bloggen:
China ist zur Nation der Blogger aufgestiegen. In kurzer Zeit hat sich im Reich der Mitte die lebendigste und größte Szene mit Internet-Tagebüchern weltweit entwickelt. 34 Millionen dieser Tagebücher gibt es derzeit laut einer neuen Untersuchung des chinesischen Internet-Informationszentrums. Das sind rund dreißig Mal so viele wie noch vor vier Jahren. Dabei haben die Blogger mit einer harten Zensur zu kämpfen. Viele Adressen im Internet sind in China nicht zugänglich oder werden blockiert, wenn sie sensible politische Themen ansprechen. Bei anderen werden einzelne heikle Einträge gelöscht. Doch die Popularität der Internet-Tagebücher wächst rasant. Allein das Blog der jungen chinesischen Schauspielerin und Regisseurin Xu Jinglei wurde innerhalb eines Jahres schon mehr als 50 Millionen Mal angeklickt. Bereits im Sommer war ihr Internet-Tagebuch auf den ersten Platz der Rangliste der Blog-Suchmaschine Technorati geklettert und gilt seither als populärster Blog der Welt. Dabei schreibt der Star weder von erotischen Eskapaden, wie Chinas bekannte Bloggerin "Muzimei", noch kritisch journalistisch, wie "Massage Milk". Xu berichtet von banalen Dingen wie einem Treffen mit Freunden, vom Schwimmtraining und Problemen mit dem Computer. Das leichte Alltagsgeplauder kommt an. "Eine Lawine von Klicks motivierte mich, weiterzuschreiben", berichtete Xu der Nachrichtenagentur Xinhua. Xu Jingleis Tagebuch zeigt, wie das Internet die streng kontrollierte Medienlandschaft verändert hat. Im Prinzip kann jeder Chinese heute seine eigene Geschichte veröffentlichen. Das Internet untergräbt das Medienmonopol der Kommunistischen Partei, auch wenn die meisten Nutzer Unkritisches berichten. 7,7 Millionen chinesische Blogger gelten als "aktiv", weil sie mindestens einmal im Monat in ihr Internet-Tagebuch eintragen. 75 Millionen der 111 Millionen chinesischen Internetnutzer verfolgen diese Seiten. Die Eintragungen spielen eine wichtige Rolle für den freien Austausch von Informationen und Meinungen. "Die Tatsache, dass die chinesische Regierung diese Entwicklung blockiert und zensiert, beweist, wie weit China noch davon entfernt ist, die freie Meinungsäußerung zu akzeptieren", sagte der unter dem Namen "Michael Anti" bekannte Blogger Zhao Jing. Die Internet-Tagebücher stehen unter der "strikten Beaufsichtigung der Regierung", wie Cai Wu, Direktor des offiziellen Informationsbüros, bestätigte. Aber die schiere Menge ist schwer zu kontrollieren.