2005-11-25

Chemieunglück verursacht Katastrophe in China

Langsam aber sicher werden die Ausmaßes eines verheerenden Chemieunglücks in China sichtbar:
Nach der versuchten Vertuschung des Chemieunglücks in Nordostchina kommt langsam das Ausmaß der Umweltkatastrophe ans Licht. Weit mehr als 100.000 Einwohner der Stadt Songyuan mussten sechs Tage lang ohne Leitungswasser auskommen. Bisher war bestritten worden, dass die Stadt überhaupt betroffen war. Offen übten chinesische Medien scharfe Kritik, dass die Provinzregierung und die China National Petroleum Corporation (CNPC) als Betreiber des Chemiewerkes nach dem Unglück am 13. November "die Wahrheit verschwiegen haben". In der Stadt Songyuan, die etwa auf halbem Weg zwischen dem Unglücksort Jilin und der jetzt betroffenen Millionenstadt Harbin liegt, musste die Wasserversorgung schon von Freitag bis Mittwoch unterbrochen werden, räumte ein Sprecher ein. Niemand habe aber Vergiftungen durch das Benzol und Nitrobenzol erlitten, hieß es. Nach der Explosion in der Chemiefabrik war das Flusswasser auf 80 Kilometer verschmutzt worden, doch hatte das Unternehmen tagelang beteuert, nichts damit zu tun zu haben. "Das Unternehmen wusste sehr genau über die Verschmutzung und die möglichen Konsequenzen Bescheid, aber wollte es als Geheimnis für sich behalten", kommentierte die Tageszeitung "China Daily". ... In Russland wächst unterdessen die Angst vor der Giftkatastrophe, da Songhua an der Grenze in den Strom Amur fließt. Der Giftteppich fließt langsam auf die Stadt Chabarowsk im russischen fernen Osten zu. Nach Hamsterkäufen gab es erste Engpässe bei Trinkwasser.
Update: Mehr zum Thema in der Süddeutschen: Schmutzige Supermacht. Ein Fluss voller Gift, eine Stadt in Panik, Kampf um sauberes Wasser, fliehende Bürger. Die Katastrophe von Harbin ist mehr als nur ein Unfall, Harbin ist ein Menetekel. Und Chinas KP knebelt weiter Medien und Justiz und betrachtet Umweltschutz-Gruppen als Gefahr.

2005-11-23

Konkubinen wieder gefragt in China

Der Trend geht zurück zur Zweit-, Dritt- bis hin zur Siebtfrau in China, berichtet die LA Times:
Li Xin knelt in a hotel room here, wearing polka-dot boxer shorts and a grimace on his face. The deputy mayor of Jining, in Shandong province, was pleading with his lover not to report him to authorities. But in the end, the 51-year-old official was exposed and sentenced to life in prison. His crime: accepting more than $500,000 in bribes, which he used to support at least four mistresses in Jining, Shanghai and Shenzhen. Li's transgressions were minor compared with those of other public officials. A top prosecutor in Henan province, for example, was recently stripped of his post and Communist Party membership after investigators alleged that he embezzled $2 million to support his lavish lifestyle — and seven mistresses. "Everyone is saying, 'Behind every corrupt official, there must be at least one mistress,' " says Li Xinde, an anti-corruption activist who researched Li Xin's case and posted on his website a photo of the deputy mayor begging in the hotel room. China's economic boom has led to a revival of the 2-millennium-old tradition of "golden canaries," so called because, like the showcase birds, mistresses here are often pampered, housed in love nests and taken out at the pleasure of their "masters." Concubines were status symbols in imperial China. After the Communists took power, they sought to root out such bourgeois evils, even as Chairman Mao Tse-tung reportedly kept a harem of peasant women into his old age. Now, mistresses have become a must-have for party officials, bureaucrats and businessmen. "We are in a commodity economy," says retired Shanghai University sociologist Liu Dalin. "Work, technology, love, beauty, power — it's all tradable." So-called concubine villages — places where lotharios keep "second wives" in comfort and seclusion — are now spread across the nation, in booming cities such as Dongguan, Chengdu and Shanghai.

2005-11-19

Chinesische Netzbürger finden Zensur in Grenzen OK

Eine aktuelle von der US-amerikanischen Markle-Foundation unterstützte Studie (PDF) bringt nähere Einblicke in die Einstellungen chinesischer Surfer, die demnach eine gewisse Regulierung von Inhalten durch den Staat für nötig erachten, ungern online shoppen und auch nicht sonderlich oft E-Mailen (stattdessen lieber Chatten):
The Chinese may be using the Internet in ever greater numbers, but their attitudes towards and needs in cyberspace may be different from what most people expect. The overwhelming majority of Chinese feel some Internet content -- such as pornography and violence -- should be regulated, according to a study released Thursday by Professor Guo Liang of the Beijing-based Chinese Academy of Social Sciences. The report also noted that although the average Chinese Internet user spends nearly three hours a day online, 75 percent have never made an Internet purchase and 42 percent never use a search engine. Other Chinese Internet behavior noted in the study include:
-- The Chinese go online for news more than anything else, but mostly it's for entertainment news. They also use the Internet more for chatting and games, as opposed to seeking information or for work-related purposes.
-- The Chinese prefer instant messaging to e-mail. Liang said that as a culture the Chinese prefer instant communication and have long shunned other delayed messaging devices like answering machines.
-- Nearly half of the country's 103 million Internet users use broadband.
-- Sixty percent believe the Internet will provide more opportunities to criticize the government.

VW China muss massiv sparen

Für VW sieht es noch gar nicht rosig aus in China:
Volkswagen will sein in die Krise geratenes Autogeschäft in China bis 2008 radikal umstrukturieren und einen strengen Sparkurs verfolgen. "Wir wollen im Pekinger Olympiajahr 2008 mit auf dem Siegerpodest stehen und in China wieder Geld verdienen", sagte der seit Juli als VW-China-Präsident amtierende Winfried Vahland. Er kündigte an, die Kosten in allen Bereichen von Produktion und Vertrieb um 40 Prozent zu senken. VW hat auch Investitionen in Kapazitätserweiterungen gestoppt. "Wir werden beim Sparen jeden Stein umdrehen", sagte Vahland. Einen Teil seiner Sparauflagen will der Konzern auf seine Zulieferer abwälzen. Um kostengünstiger zu werden, müssen diese größere Stückzahlen herstellen und ihre Fertigung stärker lokalisieren. Der Anteil der chinesischen Zulieferer soll steigen, und ab 2007 will Volkswagen jährlich für eine Mrd. Euro Teile aus China für seine Autowerke in Europa und andere Länder beziehen. Das operative Ergebnis will Vahland in diesem Jahr halten. Er wolle eine "schwarze Null" sehen, sagte der Manager. Nach bisherigen Volkswagen-Angaben war das China-Geschäft in den ersten neun Monaten des Jahres allerdings mit einem Minus von 67 Mio. Euro verlustreich. Vahland, der einst für Skoda verantwortlich war und die tschechische Erfolgsmarke ab 2007 auch komplett in China produzieren lassen will, nannte das Jahr 2005 den bisherigen "Tiefpunkt" für die Volkswagengruppe im Reich der Mitte. Ihre beiden Pkw-Joint-ventures in Shanghai und Changchun werden 2005 mit ihren Verkäufen unter den 610 000 abgesetzten Wagen des Vorjahres bleiben. Volkswagen hat ihre Produktion nach eigenen Angaben "vehement" reduziert, solange die Händler- und Fabriklager nicht abgebaut sind. Im Dezember 2004 hatte der Konzern noch Rekordbestände von 150 000 unverkauften Pkw auf Halde stehen. Bis Ende dieses Jahres soll ein Drittel davon abgebaut sein.

2005-11-17

Bush, Merkel, Köhler zu Menschenrechten in China

Allenthalben muss sich Peking momentan anhören, dass in China mehr für die Sicherung der Menschenrechte bzw. für Freiheit und Demokratie zu tun ist. Vergangene Woche erinnerten Hu Jintao in Berlin Merkel und Köhler daran, jetzt weilte US-Präsident Bush im Reich der Mitte und hieb in eine ähnliche Kerbe. Besonders diplomatisch zeigte sich der Republikaner aber nicht, legte er der Führung in Peking doch just nahe, sich am "Abtrünnling" Taiwan ein Vorbild zu nehmen::
US-Präsident Georg W. Bush forderte am Mittwoch von der chinesischen Regierung, den "legitimen Forderungen der Bürger nach Freiheit und Offenheit" nachzukommen. "Chinas Führer können so helfen, dass ihr Land zu einer modernen, blühenden und zuversichtlichen Nation wächst", sagte Bush zum Auftakt seiner achttägigen Asienreise in der japanischen Stadt Kioto. Der US-Präsident reiste gestern Abend weiter nach Südkorea zu dem Gipfel der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftskooperation (Apec). Am Samstag wird er in Peking erwartet, danach in der Mongolei. In Japan kam es nur zu kleineren Protestveranstaltungen gegen Bush. In seiner Rede zu den amerikanisch-asiatischen Beziehungen lobte Bush Taiwan, das den Übergang von der Repression zur Demokratie erfolgreich vollzogen habe. "Das Volk lebt in Wohlstand in einer freien chinesischen Gesellschaft." Wenig überraschend reagierte China verärgert, das Taiwan als abtrünnige Provinz betrachtet. Sein Land dulde keine Einmischung in innere Angelegenheiten, empörte sich Außenminister Li Zhaoxing laut der Nachrichtenagentur AFP. Taiwan sei untrennbarer Teil Chinas. Die "Ein-China-Politik", derzufolge Peking für Festlandchina und Taiwan spricht, stellte Bush allerdings nicht in Frage. Wenig Rücksicht auf Pekings Empfindlichkeiten hatte der US-Präsident bei der Vorbereitung seiner achttägigen Asientour genommen. Er lud den Dalai Lama zum Tee ins Weiße Haus ein. Peking betrachtet das geistliche Oberhaupt der Tibeter als Aufwiegler. Der US-Präsident, der in Kioto mit Japans Ministerpräsident Junichiro Koizumi einen buddhistischen Tempel besuchte, mahnte in seiner anschließenden Rede explizit zur Religionsfreiheit in China. Die Bürger wollten ihren Glauben ohne staatliche Kontrolle ausüben, "die Bibel und andere heilige Texte drucken", ohne Furcht bestraft zu werden.
Mehr dazu bei Spiegel Online: Der kleine Bush und der Spatz von Peking. George W. Bush hat in Asien ein Problem: Der US-Präsident zählt nicht zu den glaubwürdigsten Politikern, wenn es um die Menschenrechte geht. So drang auch sein Freiheitsappell an die Regierung in Peking zu den Chinesen nicht durch.

2005-11-16

Chinas erster offizieller Vogelgrippe-Patient

Es bahnt sich Unheil an aus China in punkto Pandemie:
Ein neunjähriger Junge ist offenbar Chinas erster bestätigter Vogelgrippe-Patient. Unklar ist, wie stark sich das Virus schon in der Bevölkerung verbreitet hat. Die Schwester des jungen Chinesen hatte vor ihrem Tod ähnliche Symptome gezeigt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bestätigte am Mittwoch in Peking, dass entsprechende Antikörper im Blut des Jungen gefunden worden seien. Das sei ein "klarer Hinweis" auf eine Infektion mit dem Virus H5N1. Das Ergebnis einer gemeinsamen Untersuchung mit chinesischen Behörden steht allerdings noch aus. "Es wäre nicht überraschend, wenn die Untersuchung bestätigt, dass der Junge H5N1-positiv ist", sagte ein WHO-Sprecher. In der Zeitung "South China Morning Post" sagte ein Mitarbeiter des chinesischen Gesundheitsministeriums: "Wir können nicht ausschließen, dass es sich um den ersten Fall von Vogelgrippe beim Menschen in unserem Land handelt." In Asien starben seit 2003 mindestens 64 Menschen an der Tierseuche. ... Die Sorge vor einer Ausbreitung der Seuche in China wächst auch, weil aus der Provinz Hunan ein weiterer Verdachtsfall gemeldet wurde. Dabei soll es sich laut WHO um einen Lehrer handeln, der wie die Kinder engen Kontakt zu infiziertem Geflügel hatte. Um einen neuen Ausbruch der Seuche zu verhindern haben, begannen chinesische Behörden mit der Impfung von 320 Millionen Tiere.

2005-11-10

Proteste bei Hu Jintaos Besuch in Berlin

Der chinesische Staatenlenker Hu Jintao ist gerade in Berlin gelandet für einen Staatsbesuch, der jedoch von Anfang an von Protesten begleitet wird:
Demonstranten in ganz Berlin richten sich gegen die Unterdrückung der Falun-Gong-Sekte durch die Kommunistische Partei oder treten für die Einhaltung der Menschenrechte in Tibet ein. Einige der Protestierer versammelten sich vor der chinesischen Botschaft und forderten den "Fall der Roten Mauer".
Auch gegen Menschenrechtsverletzungen allgemein wird demonstriert. Spiegel Online widmet sich den "Errungenschaften" Hus:
"Who is Hu?", fragte sich China und die ganze Welt, als 2002 Hu Jintao die KP-Führung im 1,3 Milliarden-Reich übernahm. Würde sich der Funktionär mit der Goldrandbrille als chinesischer Gorbatschow entpuppen, der Kritikern und Nicht-Regierungsorganisationen mehr Luft zum atmen gibt, ja sogar zu demokratischen Reformen bereit ist? Inzwischen macht sich unter vielen Chinesen Enttäuschung breit. Der Staats- und Parteichef, der in dieser Woche die Bundesrepublik besucht, ist keine charismatische Persönlichkeit mit sonderlich originellen Ideen. Hu erscheint vielmehr als vorsichtiger Taktiker und Technokrat. Sein Ziel ist es, die KP und sich selbst an der Macht zu halten. Nicht nur Ausländer, auch die meisten Chinesen wissen nach wie vor so gut wie nichts über ihn. Privates hält er verborgen. Während Vorgänger Jiang Zemin offizielle Anlässe schon mal mit einem Ständchen oder einem Gedicht auflockerte, erscheint Hu steif wie ein Stock. Kaum ein Gesichtsmuskel rühre sich, wenn er redet, berichten Dolmetscher von Staatsbesuchen. Für Smalltalk ist Hu nicht zu haben. Stets gut präpariert und mit einem messerscharfen Gedächtnis ausgestattet, gibt er wieder, was seine Referenten ihm aufgeschrieben haben. Die Presse meidet er. Zerstoben ist die Hoffnung von chinesischen Intellektuellen, Journalisten und Künstlern, der Sohn eines Teehändlers aus der Provinz Jiangsu werde ihnen neue Freiräume gewähren. Das Gegenteil ist der Fall: Wer es wagt, die Führung herauszufordern, riskiert Jahre hinter Gittern. ... "Der Trend läuft in Richtung Einschränkung von Freiheiten, inklusive ihrer Zurücknahme in Gebieten, wo Bürger sie früher genossen", bilanziert Amnesty International. Dabei nutzen Pekings Juristen vage gehaltene Paragrafen gegen "illegale Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen", die "Störung der öffentlichen Ordnung" oder "Subversion". Um den Informationsfluss im Internet zu kappen, dürfen die Provider neuerdings nicht mehr eigene Artikel ins Netz stellen oder Nachrichten offizieller Medien redigieren. Verboten sind Meldungen, die der höheren "Qualität der Nation" schaden. Nur noch "gesunde und zivilisierte" Nachrichten dürfen online verbreitet werden. Was darunter zu verstehen ist, wissen allein die Behörden. Hu ist zu allenfalls marginalen Zugeständnissen bereit: Der Oberste Gerichtshof soll fortan die unzähligen Todesurteile der Provinzgerichte überprüfen. Wissenschaftler dürfen frei über Sinn und Unsinn der Todesstrafe diskutieren. Die Regierung will zum ersten Mal den Uno-Berichterstatter über Folter ins Land lassen.
Die Wirtschaft hofft dagegen mal wieder auf Vertragsabschlüsse in Milliardenhöhe.

Pekings Moral-Offensive mit Online-Spiel

Die chinesische Regierung setzt jetzt auch auf ganz neue Medien für ihre Propaganda zum Wohl der Jugend:
«Chinese Hero Registry» ist ein Online-Spiel, wie es inzwischen tausende im Internet gibt. Im Gegensatz zu allen anderen sollen hier aber nicht Monster gejagt oder Planeten besiedelt werden - die chinesische Regierung lässt darin Helden aus der chinesischen Geschichte antreten, um die Moral ihrer Bürger zu fördern. Die Spieler müssen in «Chinese Hero Registry» etwa alte Frauen retten, Socken stopfen und Mitbürger davon abhalten, die Stadt zu verschmutzen. Entwickelt wurde das Spiel vom größten chinesischen Online-Spieleentwickler Shanda. Wann das Spiel auf den Markt gebracht wird, ist noch nicht bekannt. Der Preis soll laut «Los Angeles Times» auf jeden Fall unter dem anderer Online-Spiele liegen - dafür gibt es finanzielle Unterstützung der Regierung in Peking. Laut «LA Times» fanden mehrere junge Chinesen, die das Spiel bereits testen durften, es nicht sonderlich spannend. Schon nach wenigen Minuten hatten die meisten von ihnen keine Lust mehr, Passanten davon abzubringen, die virtuellen Rasenflächen zu betreten oder zu fluchen.
Erst vergangene Woche machten Nachrichten über die große Beliebtheit von Games in China die Runde.

2005-11-09

China: Gefängnis für Journalisten und Internetnutzer

Die Organisation Reporter ohne Grenzen will die deutsche Politik zum Kampf für mehr Menschenrechte in China mobilisieren:
Die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen, die sich weltweit für Pressefreiheit und für verfolgte Journalisten einsetzt, hat die designierte Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie Bundespräsident Horst Köhler aufgefordert, sich für Medien- und Meinungsfreiheit in der Volksrepublik China einzusetzen. Reporter ohne Grenzen konnte einige Investmentfonds zu einer Selbstverpflichtung veranlassen, bei künftigen Investitionen auf die Wahrung der Meinungsfreiheit im Internet zu achten. Anlass für den Aufruf an Merkel und Köhler ist nun der Deutschlandbesuch von Chinas Staatspräsidenten Hu Jintao. "Trotz wirtschaftlicher Öffnung auch im Mediensektor ist unabhängiger Journalismus weiterhin sehr riskant", schreibt die Menschenrechtsorganisation in einem offenen Brief an Merkel und Köhler. "Mindestens 31 Journalisten und 62 Internet-Dissidenten sind in China hinter Gittern, weil sie ihre Meinung äußerten. Damit ist das Land das größte Gefängnis für Journalisten und Internetnutzer weltweit." Die Organisation weist Merkel und Köhler besonders auf die inhaftierten Journalisten Zhao Yan, Yu Dongyue, Yu Huafeng, Li Minying und Yang Zili hin. Nach Angaben von Reporter ohne Grenzen wurden sie für ihre Berichte über die Krankheit SARS, über die Misshandlung eines Jugendlichen oder Recherchen für die New York Times zu langjährigen Haftstrafen verurteilt; Zhao Yan drohe sogar die Todesstrafe. Die deutschen Politiker sollen sich nun für ihre Freilassung einsetzen. Auch macht Reporter ohne Grenzen erneut auf die restriktive Gesetzgebung in China für Internet-Provider und Internet-Nutzer aufmerksam.

Drei Jahre Haft für Bibeldrucker -- Bush soll düpiert werden

Um die Meinungs- und Publikationsfreiheit steht es weiter schlecht in China:
A prominent pastor in Beijing's underground Protestant church was sentenced Tuesday to three years in prison for illegally printing and distributing Bibles and other religious books, in a case that has attracted attention from Christian groups in the United States and elsewhere. The Beijing People's Intermediate Court handed down the sentence immediately after it convicted Cai Zhuohua, 34, of conducting "illegal business practices," said his attorney, Zhang Xingshui. Two co-defendants were also convicted and sentenced to prison, he said. ... The sentencing came less than two weeks before President Bush is scheduled to visit China. U.S. diplomats and human rights activists said that the Chinese government may have decided not to release a political prisoner as a symbolic gesture, as it has done in advance of other visits by U.S. presidents. Cai's sentence, though less than the 10-year maximum he faced, could be seen as an insult to the Bush administration, which has repeatedly highlighted freedom of religion as a top concern in human rights talks with Chinese leaders. U.S. diplomats had also raised concerns about Cai's case with the Chinese authorities, most recently on Monday.

2005-11-05

PC-Games boomen in China

Ein Volk am Drücker, aber natürlich nur mit hausgemachten (Online-)Spielen:
Die Wirtschaft boomt in China. Besonders die Games-Branche. Doch westliche Spielepublisher müssen draußen bleiben - denn das Reich der Mitte hat auch in Sachen Videospiele seine ganz eigenen Regeln. ... Bis zu 2,5 Millionen Chinesen sind spiel- und internetsüchtig, glaubt Tao Ran, der Leiter von Pekings erster Klinik für Spielsüchtige. "Die Kinder verbringen jeden Tag mit Spielen. Sie leiden an Depression, an Nervosität, Angstzuständen und Panikgefühlen. Sie haben Schlafstörungen und Probleme, mit anderen zu interagieren." Die Klinik ist seit ihrer Eröffnung im Januar ausgebucht, mit eher unkonventionellen Methoden wie Elektroschocks wird versucht, den Patienten die Spielsucht auszutreiben. Aufgeschreckt von allzu vielen Negativmeldungen hat die chinesische Regierung eine Reihe von Verordnungen erlassen, um den Spieltrieb ihrer Untertanen in kontrollierte Bahnen zu lenken. So dürfen Menschen unter 18 Jahren keine Spiele mehr spielen, in denen man die Charaktere anderer Spieler umbringen kann. Zudem ist es verboten, Internetcafés in der Nähe von Schulen und Kindergärten zu betreiben. Im vergangenen Jahr sollen chinesische Daddler knapp 500 Millionen Dollar für Online-Gaming ausgegeben haben, andere Schätzungen sprechen von 800 Millionen. Laut einer Untersuchung der Universität von Peking spielt ein Viertel aller chinesischen User regelmäßig, 23 Prozent davon bis zu sechs Stunden täglich. Und sieben Prozent haben schon mal zwanzig Stunden am Stück gespielt. Um derart exzessives Spielen in Zukunft zu verhindern, hat das Pekinger Kulturministerium den Wirkungsgrad von Videospielen in drei Kategorien eingeteilt: "gesund", "ermüdend" und "ungesund". Betreiber von Online-Spielen müssen sich verpflichten, nach drei Stunden Spiel die Erfahrungspunkte und Belohnungen zu reduzieren, die ein Charakter erreichen kann. Nach fünf Stunden ist eine Verbesserung überhaupt nicht mehr möglich. Erst nach fünf Stunden Pause gilt man als ausgeruht und darf weiterspielen.

2005-11-04

Folter-Gulags: die chinesische Polizeipsychiatrie

Die Zeit beschäftigt sich mal wieder mit der Missachtung der Menschenrechte in China unter dem Titel "Elektroschocks gegen das Virus Freiheit":
Vor dem Besuch des chinesischen Präsidenten Hu Jintao in Berlin finden verfolgte Dissidenten in Deutschland Asyl: In der ZEIT berichten Opfer der Polizeipsychiatrie Chinas erstmals von ihren Leiden. Seit elf Wochen lebt Wang Wanxing mit seiner Familie in einer Zwei-Zimmer-Wohnung im 6. Stock eines Sozialwohnungsbaus im Frankfurter Stadtteil Sossenheim. Eine ruhige Gegend. Jeden Abend joggt Wang auf dem benachbarten Sportplatz. Meist ist er dabei allein. Manchmal weint er beim Laufen. Sonst bleibt er zu Hause. An der Türklingel fehlt sein Name. Wang will nicht auffallen. Elf Wochen lang hat die Öffentlichkeit nichts von der spektakulärsten Entlassung eines chinesischen Dissidenten seit vielen Jahren erfahren. Wang Wanxing nahm den Air-China-Flug CA931 von Peking nach Frankfurt am 16. August dieses Jahres. Neben ihm in der ersten Klasse saßen der deutsche Diplomat Matthias Biermann und chinesische Sicherheitsbeamte. »Nach 13 Jahren im Pekinger Psychiatriekrankenhaus flog ich direkt von der Hölle in den Himmel«, sagt der 56-jährige chinesische Langzeitdissident. ... Zum ersten Mal entließ die chinesische Regierung einen Häftling ihrer berüchtigten Ankang-Krankenhäuser ins Exil. Wang Wanxing war der bekannteste politische Gefangene, der in einer dieser psychiatrischen Einrichtungen festgehalten wurde. Ankang bedeutet »Sicherheit und Gesundheit«. Doch wer ein Ankang von innen erlebt hat, verbindet damit Schrecken, Folter und Mord. Ankang klingt für die betroffenen Opfer wie für andere Gulag. Den beschönigenden Namen gab die KP Chinas im Jahr 1987 ihren bis dahin von der Polizei im Verborgenen geführten psychiatrischen Krankenhäusern. Im Gegensatz zu den gewöhnlichen Nervenheilanstalten unter dem Dach ziviler Krankhäuser dienen Chinas Polizeipsychiatrien nicht nur zur Behandlung Geisteskranker, sondern auch zur Verwahrung und Demütigung politisch Andersdenkender. Unter den Dissidenten Chinas ist Wang seit langem eine Legende. Schon 1966, als Oberschüler, begehrte er gegen die Kulturrevolution auf. Er stritt 1976 für die Rehabilitierung Deng Xiaopings und wurde dafür ins Gefängnis gesperrt. Er unterstützte die Demokratiebewegungen von 1979 und 1989. Weltruhm erlangte er am 4. Juni 1992. Es war der dritte Jahrestag des Tiananmen-Massakers. In einer Ein-Mann-Aktion rollte Wang auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking ein Transparent für die Rehabilitierung der dort drei Jahre zuvor von der Volksarmee ermordeten Demonstranten auf. Bei seiner Festnahme wurde der amerikanische Fernsehjournalist Todd Carrel von der Polizei so verprügelt, dass er bis heute gelähmt ist. Mehrere ausländische Journalisten erlitten schwere Verletzungen. Wang blieb unvergessen. Der englische Sinologe und Psychiatrieforscher Robert Munro nahm sich im Auftrag der New Yorker Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch seines Falls an. Munro lieferte regelmäßig Informationen an die Außenministerien in Berlin und Washington. Seinen Recherchen zufolge missbraucht China seit Jahrzehnten psychiatrische Anstalten als politische Gefängnisse wie einst die Sowjetunion. ... Wang selbst, aber auch weniger bekannte Ankang-Opfer, die noch weit grausamere Behandlungen erlitten als der bekannte Dissident, erklärten sich in den vergangenen Wochen gegenüber der ZEIT erstmals bereit, über ihre Leiden als politisch Verfolgte in der chinesischen Polizeipsychiatrie zu berichten. Übereinstimmend beschuldigen sie die Polizeibehörden, gesunde Menschen allein wegen ihrer Kritik an den Autoritäten ohne gesetzliche Einspruchsmöglichkeit in Hospitäler zu sperren und zu foltern – mit Elektroschocks, Insulinschocks, chemischen Zwangsjacken und glühendem Eisen.

China will ICEs bei Siemens ordern

Es muss ja nicht immer der Transrapid sein, auch mit dem ICE kann Siemens anscheinend mal Kohle in China machen:
Großauftrag aus dem Reich der Mitte: China will bei Siemens 60 ICE bestellen. 1,3 Milliarden Euro soll das Geschäft einer Zeitung zufolge einbringen. Der chinesische Präsident Hu Jintao wolle das Geschäft bei seinem Deutschland-Besuch kommende Woche perfekt machen, berichtet das "Handelsblatt" unter Berufung auf Verhandlungskreise. Die Züge würden komplett in China gebaut und sollen auf der in Deutschland eingesetzten Technik des ICE 3 basieren. Damit wären sie für ein Spitzentempo von 300 Stundenkilometern ausgelegt. 1,3 Milliarden Euro soll das Geschäft Siemens einbringen, berichtet das "Handelsblatt". Peking wolle eine 30 Zentimeter breitere Sonderanfertigung, da die Züge mehr Passagiere befördern sollten. Die Anpassung wäre in der Entwicklung teuer, daher habe Siemens bis zuletzt hart um den Preis verhandelt. Informationen der Nachrichtenagentur dpa zufolge beläuft sich das Auftragsvolumen auf weniger als einer Milliarde Euro. Siemens lehnte einen Kommentar zu ab. Eine Sprecherin des potentiellen chinesischen Partners Tangshan Locomotive and Rolling Stock Works bestätigte Verkaufsverhandlungen, sagte aber, das Geschäft sei noch nicht vollständig ausgehandelt.

2005-11-03

Chinesisches Blog nach Preisnominierung gesperrt

Kaum für einen Blogpreis nominiert, und schon gesperrt:
Reporters Without Borders today condemned the censorship of pro-democracy writer Wang Yi’s blog (http://zhivago.tianyablog.com), which was closed down just days after it was nominated for the “freedom of expression” category in a blog contest (www.thebobs.de) being organised by the German public radio station Deutsche Welle. “We call for the immediate reopening of this blog and we point out that the Chinese constitution is supposed to guarantee free expression,” the press freedom organisation said. “In a country where self-censorship reigns, we should salute the courage of the few bloggers like Wang who dare to publicly protest against government bans.” The company that hosts the Tianya website closed the blog down on the orders of the Internet surveillance bureau in Hai Nan province (southwest of Guangzhou). When Internet users now try to access the blog, they see an error message saying it is “no longer accessible.” A teacher at Chengdu university in the southwestern province of Sichuan and member of the international writers’ association PEN, Wang initially created the site to make all his writings available in one place. He gradually turned it into a blog dealing with sensitive subjects. One of his last articles was about a campaign by peasants in Guangdong province to remove a village chief accused of corruption.

2005-11-02

Potenter Chinese soll 1,5 Millionen Nachfahren haben

Das muss wohl ein richtiger Sexprotz gewesen sein:
Research into an unusually high prevalence of a particular set of genes in China has suggested that 1.5 million Chinese men are direct descendants of Giocangga, the grandfather of the founder of the Qing dynasty.
Giocangga's extraordinary number of descendants, concentrated mainly in north-east China and Mongolia, are thought to be a result of the many wives and concubines his offspring took. Dr Chris Tyler-Smith, a geneticist working at Britain's Wellcome Trust Sanger Institute, made the finding, based on a study of a set of genes on the male Y chromosome. He told the BBC World Service's Science In Action programme that these genes provided a "genetic surname" of the family to which each man belonged. "What we did was analyse around 1,000 men from that part of the world," he said. "We noticed just two types of Y chromosome that were extraordinarily frequent - one of them making up around 3% of our sample. "When we looked at it more carefully, we found that it was not present in the majority population in that area, the Han. But in the minorities, including the Mongolians, it was present at around 5%." Scientists were then able to work out roughly where the special genes came from. They established the origin was north-east China, around 500 years ago. More accurate analysis then found that this particular genetic code first appeared just before the Qing dynasty, which came to the fore in 1616 and had conquered China by 1644.

2005-11-01

Lenovo blüht und gedeiht - vorerst

Auch nach der Übernahme der PC-Sparte von IBM geht es der neuen chinesischen Branchengröße Lenovo gut, auch wenn sie sich international noch besser aufstellen muss:
Der chinesische Computerhersteller Lenovo hat seinen Halbjahresgewinn dank einer positiven Entwicklung auf dem Heimatmarkt stärker als erwartet gesteigert. Beim Umsatz berücksichtigte der Konzern erstmals die Einnahmen aus der ehemaligen PC-Sparte von IBM. Der Nettogewinn stieg in den sechs Monaten bis Ende September auf 711,16 Mio. Hongkong-Dollar (rund 76,57 Mio. Euro) nach 627 Mio. Hongkong-Dollar im Vorjahreszeitraum, wie der weltweit drittgrößte PC-Hersteller am Dienstag mitteilte. Damit wurden die Erwartungen von Analysten übertroffen. Der Umsatz wuchs auf 48,1 Mrd. von 11,5 Mrd. Hongkong-Dollar. Hier rechnete Lenovo erstmals die von IBM erworbene PC-Sparte mit ein. Lenovo gewann vor allem in China Marktanteile und kontrolliert nun etwa ein Drittel des weltweit zweitgrößten PC-Markts. Gleichwohl droht auf dem attraktiven Markt weiter starke Konkurrenz etwa durch die US-Konzerne Dell und Hewlett-Packard. Lenovo will daher den Kauf der PC-Sparte von IBM nutzen, um sein internationales Profil zu schärfen. In Folge der Transaktion kündigte das Unternehmen im September eine umfassende Restrukturierung an, mit der die IBM-Sparte integriert werden soll.