2003-09-30

--- Die Entdeckung der Nachhaltigkeit: Chinas noch recht frischer Premier Wen Jinbao will nach Informationen der Financial Times (Deutschland) nach den Jahren des exzessiven Wachstums auf Kosten der Umwelt eine gemäßigtere Gangart einschlagen. Eine entsprechende Wirtschaftsstrategie, die Wachstum "umfassend, abgestimmt und nachhaltig" sehen soll, wird angeblich im Oktober vorgestellt. Viel mehr genaues weiss man aber nicht:

Die Idee besteht chinesischen Intellektuellen und politischen Beratern zufolge aus einer Reihe von Elementen - etwa der Ausweitung des sozialen Netzes in China oder der allgemeineren Verantwortung von Unternehmen. Alles soll hübsch "harmonisch" werden. Wird China zum neuen Paradies auf Erden?

2003-09-27

--- China kriegt ein "Grid" , ein hochleistungsfähiges Netzwerk einzelner Großrechner von etwa 100 Universitäten, die zu einem virtuellen Supercomputer verbunden werden. Kooperationspartner sind das Bildungsministerium und der Chipgigant Intel. Von 2006 an soll das Grid unter anderem die Forschung im Bereich Biotechnologie oder die Erdbebenvoraussage erleichtern und auch die Initiative "Digital Olympics 2008" anfeuern.

2003-09-25

--- Transrapid oder die unedliche Geschichte Teil X: die deutsche Magnetschwebebahn ist doch noch nicht ganz aus dem Rennen für die Langstrecke Peking - Schanghai, meldet dpa. Eine Entscheidung über die Technik sei noch nicht gefallen, so ein Sprecher des chinesischen Eisenbahnministeriums. Man überlege noch. Siemens und ThyssenKrupp bleibt also noch ein Hoffnungsschimmer. Die Finanzschätzungen des Ministeriums weisen allerdings nicht gerade in Richtung Transrapid: demnach würde eine Eisenbahnverbindung nur 100 Mrd. Yuan (13,7 Mrd. Euro) kosten, während die Kosten für eine Magnetstrecke auf 400 Mrd. Yuan (42 Mrd. Euro) beziffert wurden, wie das Staatsfernsehen berichtete. Befürworter des Transrapids haben aber natürlich viel niedrigere Budgetrechnungen.

Sonstige China-News vom Tage: Nintendo startet als erster Spielekonsolen-Hersteller im Reich der Mitte durch und hat dafür extra ein Billiggerätchen namens "iQue" entwickelt. Und China Telecom will angeblich von der Deutschen Telekom mächtig viel Glasfaserkabel kaufen. Da freut sich Konzernchef Ricke sicherlich, denn das Zeug liegt ja sonst nur ungenutzt im Boden.

2003-09-24

--- China ist zum "Wireless"-Land Nr. 1 aufgestiegen: Heute schon gibt es dort mehr Mobiltelefone als in den USA und auch bei WLAN wird wachsende Nachfrage festgestellt. Kein Wunder, dass gerade die Firmen aus der Informations- und Kommunikationstechnologie gen Osten strömen und sich auch die Software-Entwickler die Hände reiben:

Developers of wireless software in China are ready for strong growth, with 68 percent surveyed saying they expect to unveil new applications in the next 12 months, according to a report released Monday by Evans Data. The results should come as no surprise, given that the Chinese Ministry of Information Industry said there are more than 250 million cell phones in China, compared with 140.7 million in the United States. And the need for wireless LANs is also driving new applications in China, a highly populated country that lacks extensive wired communications networks.

2003-09-17

--- Infineon will nicht nur der chinesischen Regierung Sicherheits-Chips für Ausweise verkaufen, sondern alle Chinesen auch mit billigen Handy-Chips beglücken, berichtet die FTD:

Die Gemeinschaftsentwicklung von Huawei und Infineon soll auf den in Europa üblichen Standard WCDMA aufbauen, ab Juni 2004 verfügbar sein und als Basis für sehr günstige Massenhandys mit den Basisfunktionen Telefonieren und SMS eingesetzt werden.

2003-09-14

--- Bundespräsident Rau in China: Spiegel-Reportern zufolge gelingt dem Staatsoberhaupt dort der Spagat zwischen Streicheleinheiten und latenter Anklage der Menschenrechtssituation:

Rau mahnt bei seinen Gastgebern in klaren Worten, die er sich monatelang, wie er sagt, genau überlegt hat, die Menschenrechte an. Ein Riesenland wie China, sagt er, könne nicht "dauerhaft mit einer autoritären Politik gut regiert" werden. Menschenrechte, sagt Rau, hätten "universelle Bedeutung" und "müssen weltweit gelten": "Wenn es um die fundamentalen Rechte der Person geht, um Leben und Freiheit, um Schutz vor Folter, vor willkürlichem Freiheitsentzug und vor Diskriminierung ..., dann kann es in der Grundhaltung keine Kompromisse und kein Relativieren geben".

--- Die Welt am Sonntag bringt heute einen großen Rundumschlag über deutsche und internationale Firmen, die in den chinesischen Markt drängen (weil sie dort "noch Spaß haben"). Nichts wirklich Neues, aber eine skeptische, hier schon angeklungene Bemerkung, ist auch drin:

Die deutschen Konzerne, so scheint es, kommen um China nicht herum. Doch die Zeiten sind vorbei, in denen die Chinesen den Ausländern dankbar waren für Geld und Know-how. Heute haben die Deutschen mit chinesischen Geschäftspartnern und Politfürsten zu tun, die sich darüber wundern, dass die Fünf-Sterne-Hotels Deutschlands in China bestenfalls drei Sterne bekommen würden. Die wissen, wie wichtig der chinesische Markt für sie ist. Die wissen, dass sie am längeren Hebel sitzen und die Konditionen diktieren.

2003-09-13

--- Olympiade-Berichterstattung in engen Bahnen: Harald Maas berichtet im Tagesspiegel über die Vorbereitungen der Pekinger Polizei auf das Sportgroßereignis 2008. Ein multimedialer Lehrgang soll helfen, die Spiele zu kontrollieren und die Medien zu zensieren:

Der aus 23 Kapiteln bestehende interne Lehrfilm, der von der Pekings Sicherheitsbehörde produziert wurde, ist ein Vorgeschmack auf die strikten Polizeikontrollen während der Olympiade: In der Lehreinheit "Warnungen" wird ein ausländischer Journalist mit Bart gestoppt, als er mit einer Filmkamera durch Peking läuft. Bei der Befragung durch den Polizisten kommt heraus, dass er einen Bericht über die verbotene Kultbewegung Falun Gong macht, "Falun Gong hat nichts mit den Spielen zu tun", erklärt der Beamte und fügt an: "Sie sind ein Sportreporter. Sie sollen nur über die Spiele berichten!"

2003-09-12

--- Heute schon weniger Spam bekommen? Wie CNET News vermeldet, hat die Internet Society in China verkündet, dass 127 Server, die bei den Versendern unerwünschter E-Mail besonders beliebt waren, dicht gemacht wurden:

The move is likely to send shockwaves through the international community of spammers who previously had regarded China as a safe haven in which to base their operations. An estimated 100 of North America's most prolific spammers are based in the suburbs of Beijing, according to Steve Linford, president of the London-based Spamhaus Project, which runs a spam-blocking service.

2003-09-08

--- Eine Kessel Buntes aus dem Reich der Mitte: Der chinesische Computerkonzern Legend steht kurz vor dem Sprung in die weltweiten Top Ten der Notebookhersteller. Der größte europäische Reisekonzern, die TUI, springt auch, und zwar in den fernen Osten zusammen mit China Travel Service. Und die Deutsche Bank darf sich freuen: sie gehört nun mit zu den noch nicht einmal zehn Firmen, die auf den wichtigsten Aktien- und Rentenmärkten Chinas handeln dürfen.

--- Es geht auch andersrum: TCL will nach dem Kauf von Schneider seine chinesischen Handys unter dem alten deutschen Markennamen auf den Markt bringen, weiss heise online. Ein paar Fragezeichen gibt es aber noch:

Nach Aussage von Business Development Manager Dina Pan sucht TCL noch Vertriebs-Partner. Ob die Mobilfunkanbieter die teils extravagant gestylten Klapp-Handys in ihr Angebot aufnehmen würden, ist angesichts der meist fehlenden Multimediafunktionen fraglich, zumindest die MMS-Modelle Schneider E757 und E767 dürften sie jedoch interessieren.

2003-09-07

--- Im chinesischen Automarkt wird es langsam eng, hat auch die Welt am Sonntag jetzt bemerkt. Die internationalen Fabrikanten drängen mit Macht auf den Riesenmarkt, doch die Chinesen wollen das Geschäft lieber selber machen:

Mittlerweile bieten die inländischen Hersteller sogar exportfähige Fahrzeuge auf - Geely etwa stellte unlängst den Merrie 300 und ein Coupé namens Beauty Leopard vor. Wie beim Merrie, der einem Mercedes verdächtig ähnlich sieht, blieb in etlichen Fällen Streit um Urheberrechte nicht aus - die Chinesen kupfern von ihren Partnern ab, was das Zeug hält. Ihr Fernziel: Bereits 2010 sollen 50 Prozent aller Autos von der lokalen Industrie hergestellt werden.

Eine Erläuterung zum Währungsstreit liefert der Text gleich mit: China habe sich da nicht kleinkriegen lassen, da ein stärkerer Yuan die Importe beschleunigen und die Exporte erschweren würde.

Zum Autothema passend noch folgende Agenturmeldung: "Wir werden in den nächsten Tagen in Peking ein umfassendes Rahmenabkommen mit der Beijing Automotive Industry Holding Company unterschreiben", sagte Konzern-Chef Jürgen Schrempp dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".

2003-09-03

--- Während die Times gestern schrieb, dass die chinesische Regierung im Streit um zu hohe Exportquoten und eine künstlich niedrig gehaltene Währung einlenken würde, weiß die Welt heute in einer Agenturmeldung eher das Gegenteil zu berichten:

Die Volksrepublik China will dem wachsenden Druck der USA und ihrer Verbündeten standhalten und ihre Währung nicht frei schwanken lassen. Anlässlich des Besuchs von US-Finanzminister John Snow bekräftigte die Regierung in Peking ihre Wechselkurspolitik, die auf einer engen Anbindung des Yuan an die US-Währung beruht.

update: Paul Krugman interpretiert das Abblitzen der US-Regierung im Währungsstreit inzwischen in seiner Kolumne für die New York Times als schwere Schlappe für George W. Bush. Denn der brauche China inzwischen längst mehr -- etwa im Vermittlungsprozess mit Nordkorea -- als Peking Washington. Nicht ganz ohne einen Schuss Schadenfreude schreibt der Bush-Gegner Krugman:

Sic transit and all that. Just four months after Operation Flight Suit, the superpower has become a supplicant to nations it used to insult. Mission accomplished!

2003-09-02

--- Die viel beschworene "Revolution in Military Affairs" (RMA) scheint auch vor China nicht haltzumachen. Ob allein eine Truppenreduzierung von 200.000 Mann aber wirklich schon der Beweis ist, dass auch das Reich der Mitte auf den Zug hin zu einer immer technologischeren Kriegsführung augesprungen ist, wie der Vorsitzende des Militärausschusses der Kommunistischen Partei, Jiang Zemin, der Agentur Xinhua zufolge verlauten ließ?:

"Die Form des Krieges hat sich von einer mechanisierten zu einer auf Informationstechnik basierenden Kriegsführung verändert", sagte Zemin bei einem Besuch in der Stadt Changsha. … Die chinesische Armee ist mit 2,5 Millionen Soldaten die größte der Welt.

--- Die New York Times berichtet derweil, dass sich China den Forderungen der USA beugen und nicht mehr allzu "exporthungrig" auftreten will:

China is preparing to reduce incentives for exporters, increase purchases of Treasury bonds and loosen controls on foreign currency holdings to blunt mounting pressure from the United States, where its growing trade surplus has come under heavy political scrutiny, Chinese officials and analysts say.

2003-09-01

--- China ist noch im "prämodernen Stadium" und das Wirtschaften dort hat sowohl für einheimische Unternehmen als auch für "Internationals" noch gravierende Tücken, meint Gordon Redding in der Financial Times Online (ft.com):

China taut auf, aber langsam. Das Geschäftsumfeld ist nach wie vor unberechenbar, und immer wieder kommt es zur politischen Einmischung des Zentrums, der Regionen und lokaler Autoritäten. Gesetze und Justizapparat sind primitiv, Zahlen unzuverlässig, und die Infrastruktur ist unterentwickelt. Erwähnenswert sind noch zwei weitere Punkte: Die regionale Vielfalt des Landes hat zur Folge, dass recht unterschiedliche Güter- und Arbeitsmärkte nebeneinander existieren, und die Chinesen wollen selbst Herr über ihre Wirtschaft sein. Ausländer sind dazu da, benutzt zu werden.